Explorations in Audio

Karsten Hein

Sind Sie bereit für eine Entdeckungsreise?

In 'Explorations in Audio' möchte ich einige praktische Erkenntnisse über die Einrichtung und Optimierung eines erschwinglichen HiFi-Systems vermitteln. Obwohl man annehmen könnte, dass eigentlich schon alles über HiFi gesagt wurde, bleiben einige überraschend einfache Fragen offen, z. B.: "Ist digital besser als analog?" "Sind Kabel wichtig?" "Können digitale Kabel Störungen aufnehmen?" "Sollten Lautsprecher auf Spikes gestellt werden? Hat die Entwicklung im HiFi-Bereich ältere Geräte überflüssig gemacht?" "Wo sollte ich meinen Subwoofer aufstellen?" "Welche Raumkorrektur funktioniert am besten?" - Aber: "Sind das wirklich die richtigen Fragen?" - Nun, wir werden sehen.

Was gibt es Neues bei eiaudio?

Während die Einträge in diesem Blog in die drei oben genannten Kategorien unterteilt sind, finden Sie unten eine gemischte Auflistung der neuesten Beiträge. Der aktuellste Artikel wird zuerst angezeigt. Wenn Sie diesen Blog nicht zum ersten Mal besuchen, ist die Liste unten ein guter Ort, um schnell nachzusehen, ob es etwas Neues gibt.

Ihr Beitrag ist mehr als willkommen, solange Sie sich an die audiophile Grundregel "Ohr vor Verstand" halten. Das bedeutet, dass Sie Ihre Kommentare nicht auf der Grundlage dessen abgeben, was Sie zu wissen glauben, sondern nur auf der Basis Ihrer eigenen Hörerfahrung. Sie können uns gerne Geräte zum Testen vorschlagen und Kommentare zu den Beschreibungen hinterlassen, die Sie hier finden.

  • 32. Raumakustische Maßnahmen

    32. Raumakustische Maßnahmen

    Veröffentlicht: 23.10.2024

    Autor: Karsten Hein

    Kategorie: High Fidelity

    Frei aus dem Englischen übersetzt. Hier geht’s zum Original .

    HiFi-Anlagen finden in der Regel in den Wohn- und Lebensräumen der Familie ihren Platz. Ihre Aufstellung berücksichtigt dabei sowohl akustische als auch praktische und optische Ansprüche aller Mitbewohner. Denn schließlich will der Lebensraum alltagstauglich gestaltet sein. Manche HiFi-Anlagen dienen der Unterhaltung im Wohnzimmer, andere sind Teil einer Mehrkanal-Heimkinoanlage. Audiosysteme können einen geselligen Abend im Esszimmer untermalen oder die Zeit im Arbeitszimmer kurzweiliger machen. Manche sind Teil einer Schlafzimmerausstattung oder stehen im Kinderzimmer. Viele Haushalte haben überhaupt nur einen großen Wohnbereich, der für alles genutzt wird, vom gemeinsamen Kochen bis zur Unterhaltung. Tatsächlich können und möchten sich nur sehr wenige Haushalte den Luxus leisten, einen kompletten Raum, oder gar eine ganze Etage, dem Musikhören zu widmen. Und von denen, die dies tun, haben nur sehr wenige ihr Haus für den Zweck dieses Raumes ausgewählt oder entworfen. Ja, tatsächlich ist HiFi heutzutage oft das Letzte, worauf ein Hauskäufer Rücksicht nimmt.

    

Dennoch, als Sabina und ich auf der Suche nach einem Zuhause für unsere Familie durch Norddeutschland reisten, stand ich die längste Zeit in diesem kathedralenartigen leeren Raum unter dem Dach unseres heutigen Zuhauses und klatschte ungläubig in die Hände, weil mich auf jedes Klatschen erneut eine sagenhafte Stille als Resonanz entzückte. „Ich will diesen Raum haben!“, dachte ich. „Wir brauchen dieses Haus für unsere Familie, für die Sprachschule und natürlich für meine weiteren Audio-Erkundungen.“ Damals baumelte die Glaswolle-Dämmung aus den frühen 80er Jahren noch in großen Bahnen von der Decke, und der Boden bestand aus einer einzigen Schicht abgenutzter Holzbretter mit klaffenden Spalten dazwischen.



    Erste Vorstellung des Hörraums im Sommer 2023
    Das Video of YouTube

    Von Beginn an war klar, dass wir diesen großartig klingenden Raum nicht in seinem ursprünglichen, unfertigen Zustand belassen konnten. Die unvollständige Dämmung führte zu erheblichen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, Sommer und Winter. Der Wind blies unbehelligt durch die alten Schindeln und trug Staub und Insekten mit ins Haus. Meine Herausforderung sollte darin bestehen, dieses wilde Biest zu zähmen, ohne ihm gleichsam seinen empfindsamen Geist zu brechen. Dazu musste ich zunächst herausfinden, weshalb der ursprüngliche Raum für akustische Zwecke so hervorragend geeignet war, und sicherstellen, dass ich diese Eigenschaften beibehielt und weiter darauf aufbaute. Ich begann erneut damit, mich in Sachen Raumakustik zu informieren und stellte fest, dass es einige Standards gab, die unser Raum von seinem Wesen heraus bereits erfüllte.



    Zum einen hatte der Hörraum fast keine parallelen Wände, welche die spezifischen Resonanzen erster, zweiter und dritter Ordnung akzentuiert hätten. Stattdessen waren die Seitenwände fast drei Meter hoch und ab einer Höhe von etwa einem Meter bis hin zum Dach in einem Winkel von 45° nach innen geneigt. Die Dachstruktur selbst wurde von freiliegenden Holzbalken getragen und mit zahlreichen unebenen Nut- und Federbrettern dazwischen bekleidet. Eine der wenigen geraden Wände entlang der Seite bestand aus unverputzten roten Ziegelsteinen. Der mittlere Teil des Daches hatte eine leichte Kuppelform, die in ihrer Mitte um 30 cm höher ragte als an seinen Rändern. Es gab jede Menge Stellfläche, um Lautsprecher entsprechend ihren akustischen Anforderungen anzuordnen, und erstmals auch genügend Platz für mich, um beim Aufbau hinter jedes HiFi-Rack zu treten. Das bedeutete, dass ich im Bedarfsfall von allen Seiten auf meine Anlagen zugreifen und auf diese Weise gewährleisten konnte, dass sich die Signalkabel nicht versehentlich kreuzten.



    Zunächst zog ich einen Akustikexperten zu Rate, um den besten Ausbau für den Raum zu gewährleisten, war jedoch der Meinung, dass seine bevorzugte Kombination aus Dämmung und Estrich für die Struktur des alten Gebäudes zu schwer sein würde. Anstatt also Estrich zu gießen und die Höhen zu nivellieren, verlegte ich eine 30 mm starke Schicht OSB-Platten, die wir im Anschluss mit Teppichboden bedeckten. Es war mir wichtig, die strukturelle Integrität unseres Gebäudes zu erhalten, um Risse im Mauerwerk zu vermeiden. Dies bedeutete jedoch auch, dass ich Mittel finden musste, die Resonanzen zu dämpfen, die direkt durch die Lautsprecher in Richtung Boden abgeleitet wurden. Ich fand heraus, dass 38 kg schwere Gehwegplatten aus Beton, unter jedem Lautsprecher platziert, ähnlich wie Estrich wirken würden. Gleichzeitig ermöglichten mir die Platten, die Spikes der Lautsprecher direkt auf den Beton zu setzen, um dadurch eine größere strukturelle Stabilität zu erreichen. Dadurch verbesserten sich die Klangbühne und die Klarheit erheblich, und die Bodenresonanz wurde um etwa 50 % reduziert.



    Ich hatte gelesen, dass effektive akustische Maßnahmen ein Gleichgewicht zwischen Absorption, Diffusion und eventuell zusätzlich Bassfallen erfordern, um Reflexionen, stehende Wellen und Nachhallzeiten zu bekämpfen. Ich begann damit, eine möglichst lineare Positionierung für jedes Lautsprecherpaar und für die entsprechende Hörposition zu ermitteln. Dazu benutzte ich die Berechnungstabellen für Raummoden, die mir Peter Englisch zur Verfügung gestellt hatte. Ich richtete mein UMIK-1-Messmikrofon mit REW-Software ein, um die Charakteristik der Lautsprecher und die Nachhallzeiten des Raums über das Frequenzspektrum von 20-20.000 Hertz zu messen, so wie sie von der Hörposition aus wahrgenommen werden. Manchmal heißt es, dass eine Bedeckung von 30 % der Wandfläche mit absorbierenden Materialien einen relativ natürlichen Klangeindruck vermittelt. In Fällen, in denen typische Haushaltsmittel, wie Bücherregale, Pflanzen, usw., nicht verwendet werden können, sind auch professionelle Schallabsorber aus dem Fachhandel eine Option. 



    Im Allgemeinen sollten die absorbierenden Materialien immer dort angebracht werden, wo die Schallwellen der Lautsprecher direkt von den Wänden und von der Decke in Richtung der Hörposition reflektiert werden. Diese Stellen können zum Beispiel ermittelt werden, indem ein Spiegel parallel zu diesen Oberflächen bewegt wird, bis darin die Lautsprecherchassis von der Hörposition aus sichtbar sind.

    Zur weiteren Beruhigung der Akustik in unserem Studio nutzte ich die offenen Balken des Raums, um daran schwere Vorhänge in den Ecken und an beiden Seitenwänden entlang zu befestigen. Anstatt diese jedoch offen hängen zu lassen, raffte ich sie mit einem Seil zu großen, weichen Säulen zusammen. Dadurch wurde die Nachhallzeit verringert und Gespräche im Raum wurden zu einem noch angenehmeren Erlebnis.



    Statt der sonst üblichen Dachfenster verfügte unser Hörraum nur über kleinere Öffnungen, die mit 30 x 30 cm Elementen aus Plexiglas abgedeckt waren. Diese stellten weniger ein akustisches Problem dar, doch es gab ein 120 x 60 cm großes Fenster zum angrenzenden Kontrollraum, welches einige scharfe Reflexionen verursachte. Ich installierte eine Jalousie aus Holzstreifen, um die Rückreflexionen der Glasscheibe zu zerstreuen. Als ich mich anschließen hinsetzte, um mir das Ergebnis anzuhören, konnte ich immer noch wahrnehmen, dass ich mich in einem großen Raum befand. Ich vermutete, dass die wenigen geraden Wände ausreichten, um diesen Effekt zu verursachen. Ich beschloss deshalb, an den geraden Wänden Absorberelemente zu installieren.



    Da wir gerade erst unser Haus gekauft und komplett renoviert hatten, sah ich mich gezwungen, eine möglichst kostengünstige Lösung für Absorber zu finden. Bei meiner Recherche traf ich auf Michael Wynnes YouTube-Kanal „In the Mix“, in dem er in einem Videobericht den Bau von 1210 x 610 x 100 mm großen Akustik-Panels (bestehend aus Holz, Dämmstoffen und Stoffbespannung) beschreibt. Für meinem Nachbau verwendete ich Jutematten (Dichte 45-50 kg/qm) aus recycelten alten Bohnen- und Kaffeesäcken, um speziell die Reflexionen im Hochtonbereich und in den Mitten zu dämpfen. Geschredderte Jute ist zwar eine preiswerte Wahl, hat aber auch einige Nachteile: Der Dämpfungsfaktor ist zwar akzeptabel, doch ganz sicher nicht auf dem Niveau professionellerer Lösungen wie Basotect (zum Vergleich: Steinwolle 50-200 kg/qm). Außerdem rochen meine Panels anfangs unangenehm nach Mäusekot. In meiner Jugend besuchte ich einst meinen Onkel beim Bayerischen Rundfunk und hatte beim Vorbeigehen an einer Studiotrennwand aus Akustikpanel das Gefühl, physisch in ein Vakuum gesaugt zu werden. Eine derart dramatische Wirkung habe ich bei meinen DIY-Absorbern nicht feststellen können.



    Um den Raum zusätzlich zu beruhigen, kaufte ich vier große, buschige Pflanzen und stellte sie entlang der Seitenwände auf. Da die Pflanzen in dem Hörraum aufgrund der kleinen Fensterfläche kaum natürliches Sonnenlicht abbekommen würden, fiel mein Wahl auf Kunstpalmen. Aus akustischer Sicht macht es keinen Unterschied, ob eine Pflanze organisch gewachsen ist oder aus Kunststoff besteht. Kunstpflanzen haben den zusätzlichen Vorteil, dass sie keinen schweren Topf mit Erde benötigen und deshalb leicht an verschiedene Positionen im Raum manövriert werden können, um dort akustische Schwierigkeiten zu kompensieren. Um die Raumreflexionen an der Hörposition weiter zu reduzieren, wählte ich große IKEA Ohrensessel mit hohen und absorbierenden Rückenlehnen. Diese dienen dazu, die Menge des direkten Schalls proportional zu erhöhen.



    Da die Anwesenheit von Schallwellen auch die Möbelstücke im Raum anregt, insbesondere wenn der Boden aus Holz besteht, wählte ich HiFi-Racks, die Vibrationen absorbieren können, ohne diese an die Geräte weiterzugeben. In diesen Racks wird jede HiFi-Einheit separat auf einem Regalboden positioniert, der für sich auf Spikes steht. Die hohlen Stahlbeine des Racks werden mit stabilisierendem Quarzsand gefüllt, um akustische Schwingungen innerhalb der Struktur zu absorbieren. HiFi-Geräte mit großen Transformatoren werden durch ein separates Rack von den empfindlichen Antriebseinheiten getrennt, um eine korrekte Wiedergabe des Quellmaterials ohne externe Einflüsse zu gewährleisten. Die Racks stehen auf Stahlspikes, die über 4 mm dicke Filzpads vom Boden entkoppelt sind. Filz ist eine chaotische Struktur und verhindert, dass vom Fußboden kommende Erschütterungen die Antriebseinheiten beeinträchtigen.



    Die Summe meiner Maßnahmen führt in unserem Hörraum zu sehr brauchbaren Ergebnissen. Die Höhen und Mitten klingen präzise, lebendig und natürlich, ohne dass eine Frequenz überbetont wird. Stimmen klingen voll und unglaublich echt und erzeugen eine Gänsehaut. Instrumente werden von den Lautsprechern separiert und in ihren korrekten Dimensionen und Klangfarben wiedergegeben. Die Musik ist von einer überlegenen Ordnung. Bässe klingen überwiegend neutral bis trocken, mit vielen Schattierungen und Nuancen, es sei denn, sie treffen die exakte Resonanzfrequenz des Fußbodens. Zum Zeitpunkt des Schreibens ist dies das einzige verbleibende Manko, das ich in meinem Hörraum feststellen kann. Wie so oft im Leben ist dies ein Zugeständnis an unser Budget für die Hausrenovierung. Es könnte sich lohnen, in Zukunft mit Bassfallen und Deckensegeln zu experimentieren, um zu prüfen, ob sich diese positiv auf die verbleibende Resonanz auswirken.

    < 29. Raummoden-Berechnung | 31. Raumakustik besser verstehen >


    Jörg Hegemann
  • Saba Wildbad 100

    Saba Wildbad 100

    Veröffentlicht: 6.10.2024

    Autor: Karsten Hein

    Kategorie: Explorations

    Tag(s): Vintage Radios

    Frei aus dem Englischen übersetzt. Hier geht’s zum Original .

    Für deutsches HiFi hätte die Geschichte wohl anders verlaufen können, wenn die Branche die Idee, Ikonen zu erschaffen, voll ausgeschöpft hätte. Ich mag den Look and Feel der frühen Tage, als noch alles möglich zu sein schien. Und ich bin meinem Großvater dankbar, dass er mir diese Erfahrung noch lange über sein Leben hinaus erhalten hat. Dieser Artikel ist für Dich, Rudi.

    Das Saba Wildbad 100 Röhrenradio wurde von 1959 bis 1960 hergestellt und ist ein klassisches deutsches Nachkriegs-Modell mit einem Holzgehäuse in Nussbaum-Optik, einer horizontalen Sendertabelle und großen Drehknöpfen und Tasten. Intern arbeitet es nach dem Superheterodynprinzip und deckt damit Frequenzbänder von Langwelle (LW) über Mittelwelle (MW) und Kurzwelle (KW) bis hin zu Ultrakurzwelle (UKW, 87.5 MHz to 100 MHz) ab. Die Saba-Modelle dieser Zeit waren für ihre robuste Technik, hervorragende Audioqualität und sorgfältige Verarbeitung bekannt. Das Wildbad 100 schlägt da nicht aus der Art und ist dadurch ein für Sammler attraktives Mitglied der historischen Saba-Produktlinie.



    Mein Großvater war Dreher und Drechsler und verstand etwas von Handwerkskunst. Er war abenteuerlustig und ein Tausendsassa, der fast alles im Haus selbst reparieren konnte. Vor dem Krieg hatte er als Polizist gearbeitet und vielleicht auch dadurch eine klare Auffassung von richtig und falsch. Er erduldete nur wenig Unsinn. Als er noch in Schichten in der Fabrik arbeitete, musste er seine wenige Freizeit sinnvoll einteilen. Im Winter war dies hauptsächlich Familienzeit, die er gerne mit seinen Enkelkindern verbrachte, wenn wir zu Besuch kamen. Ich erinnere mich, dass wir nicht nur im Garten arbeiteten oder gemeinsam Dinge aus Holz und Lego bauten, sondern auch in der Dämmerung mit ihm zusammensaßen und beobachteten, wie die Scheinwerfer vorbeifahrender Autos wundersame Formen an der Decke des Wohnzimmers erzeugten, und dabei nicht selten diesem Saba-Radio lauschten.



    Nachdem er seine in die Jahre gekommene Musiktruhe entsorgt hatte, baute mein Großvater den aus der Truhe übrig gebliebenen Dual-Plattenspieler so um, dass er in sein Sideboard passte, und verstärkte den Klang mit seinem neuen Wildbad-Radio. Er besaß nicht viele Schallplatten – bei weitem nicht so viele, wie Sammler heute besitzen – doch die wenigen, die er besaß, spielte er mit großer Freude. Seine Sammlung umfasste Musik von Klassik über Folk bis hin zu deutschen Schlagern, aber er hatte auch deutsche Comedy-Shows wie Jürgen von Manger und Emil, die wir Kinder zwar nur halb verstanden, doch irgendwie sehr genossen. Ein Teil des Charmes dieser frühen Hörsitzungen mit Opa lag natürlich in der gemeinsamen Erfahrung. Doch es gab auch eine andere Art von Wärme, die ich in späteren Jahren zu vermissen begann. Diese Wärme ging von der Schallplatte als Musikquelle und vom Radio selbst aus.



    Obwohl die Aufnahmen aus den 50er bis 80er Jahren oft schlecht aufgenommen waren, ging von ihnen eine Wärme, Fülle und Brillanz aus, die das Zuhören zu einem Vergnügen machten. Das Saba ähnelte in seinem Aufbau einem Gitarrenverstärker und hatte einen resonanten Holzkorpus, der geschlossen genug war, um eine Kammer zu bilden, und doch offen genug, um nicht topfig zu klingen. Sofern keine externen Lautsprecher und das damals noch optionale Stereo-Modul aus dem Zubehör ergänzt wurde, war die Tonausgabe immer noch mono und ging von einem 24-cm-Tieftöner, einem 24-cm-Mitteltöner und zwei 10-cm-Hochtönern, die größtenteils hinter einem dicken gewebten Stoff verborgen waren, aus. Die Hochtöner selbst jedoch befanden sich hinter Kunststoffgittern auf den Seitenwangen des Gehäuses. Sowohl die Bass- als auch die Höhenwiedergabe konnten abgeschwächt werden, um den Klang an die Einrichtung des Raums, die Nähe zu Ecken und die persönlichen Hörvorlieben anzupassen. Unabhängig von der Einstellung klang das röhrenbetriebene Wildbad 100 jederzeit sonor und einladend.



    Obwohl das Saba Wildbad 100 nicht über die mittlerweile berühmten Saba “Green Cone”-Treiber verfügt (das sind Breitbandtreiber, bestehend aus einer besonders steifen und leichten Papiermischung, die von starken ALNICO-Magneten angetrieben und in anderen Modellen, wie z.B. der Freiburg-Serie, verbaut wurden), liefert es üppige und fulminante Vocals und eine ansprechende Tonalität mit ausreichend Nachdruck im Bass, wenn es bei moderaten Wohnzimmerlautstärken betrieben wird. Ähnlich wie die Green Cone-Treiber klingen auch die vier Treiber des Wildbad bei zu hoher Lautstärke flach, angestrengt und verzerrt. Die Leistung des 4-Watt-Röhrenverstärkers reicht gerade mal aus, um die Tonalität und die Kraft einer laut sprechenden menschlichen Stimme zu reproduzieren. Meiner Meinung nach ist es genau diese Disziplin, die die Saba-Radios dieser Zeit für Hörer so attraktiv macht. Das Wildbad 100 erzeugt Gesang mit greifbarer Substanz und einer fast verbotenen Anziehungskraft.



    Drückt man die erste der acht Elfenbeintasten auf der Vorderseite bis zum Einrasten herunter, flackert die EM84-Tunerröhre auf, noch ohne dass das Gerät einen Ton von sich gibt. Während sich die Röhre mit einem immer schmaler werdenden Band auf den Radioempfang einstimmt, beginnt der Klang des Radios mit starker Verzerrung zu spielen, bis der Verstärker genug Reserven gesammelt hat, um die Lautsprecher pegelfest anzutreiben. Es dauert dann weitere fünf Minuten, bis das Saba vollständig klingt, und erneut fünfzehn Minuten, bis es am besten klingt. Die Wärme der Röhren ist bald darauf als warmes Glühen über dem Holzgehäuse zu spüren. Denken wir einen Moment an die billigen Plastik-Ghetto Blaster, die in den 1970er und 1980er Jahren auf das Saba Wildbad folgten. Kaum einer von ihnen war auf die Tonalität und auf die Harmonien der menschlichen Stimme abgestimmt. Daher klangen sie im Vergleich zum Saba kalt und leblos.



    Als meine Mutter uns vor einigen Wochen an der Nordsee besuchte, führte ich sie durch unser Studio, so wie es jetzt eingerichtet ist. Sie hörte sich unser Martin-Logan-SL3-System mit dem hervorragenden Symphonic Line RG9 MK5 Verstärker, dem Thorens TD 320 Plattenspieler und dem Marantz CD-17 CD-Player sowie unser Tannoy XT8f-System mit dem legendären Symphonic Line RG9 MK3 an. Sie genoss die Musik sehr und war zeitweise emotional gerührt. Später, als wir die Moltonvorhänge für den Hörraum umnähten, schaltete ich beiläufig das Saba Wildbad Radio ein. Nach einigen Minuten hörte sie auf zu nähen und schaute auf: „Ist das das alte Radio meines Vaters?“ wollte sie wissen. „Es klingt wirklich sehr gut. Ich wusste gar nicht mehr, dass es so einen tollen Klang hatte.“ Und obwohl ich im Laufe der vergangenen Jahre viel Erfahrung im Aufbau von Systemen gesammelt habe und nun weiß, wie man selbst in einem komplexen Aufbau eine klangliche Ausgewogenheit erreicht, war ich erstaunt über den unbestreitbaren Charme, den das Saba Wildbad auf Anhieb versprüht. Sie glauben mir nicht? Dann setzen Sie sich eine Weile im Dunkeln davor, und Sie werden es erleben.

    Zur SABA Firmengeschichte

    SABA ist die Abkürzung für Schwarzwälder Apparate-Bau-Anstalt, ein Privatunternehmen, das 1923 von Hermann Schultze in Villingen gegründet wurde. Anfangs wurden dort Uhren und Haushaltsgeräte hergestellt, doch in den 1920er und 1930er Jahren wurde das Unternehmen bald um den Bereich Funktechnik erweitert. In den 1950er Jahren war die Marke SABA für ihre hochwertigen Radios und Fernsehgeräte bekannt und erlangte einen weitreichenden Ruf für hervorragende Klangqualität, insbesondere mit Modellen wie der Freiburg-Serie, die über die berühmte automatische Sendersuche und hochwertige „Green Cone“-Lautsprecher verfügte.



    Später, in den 1960er Jahren, begann SABA auch mit der Produktion von Fernsehgeräten und wagte sich in die Unterhaltungselektronik vor. Doch der zunehmende internationale Wettbewerb aus Asien in den 1970er Jahren beeinträchtigte schon bald die finanzielle Stabilität des Unternehmens. 1980 wurde SABA schließlich von der französischen Thomson-Brandt-Gruppe übernommen, was das Ende seiner Unabhängigkeit bedeutete. Trotzdem blieb die Marke SABA in verschiedenen Formen bestehen, insbesondere auf dem Fernsehmarkt und unter Thomson als Eigentümer der Marke. SABA ist nach wie vor eine bei Sammlern beliebte Marke, die für ihre Handwerkskunst in der Radio- und Audiotechnologie bewundert wird, insbesondere während ihrer Blütezeit Mitte des 20. Jahrhunderts.

    Technische Daten:

    • Typ: Nachkriegs-Röhrenradio
    • Stromaufnahme(max.): 70 Watt
    • Stromversorgung: 110V, 125V, 150V, 220V AC
    • Verstärkerleistung: 4 Watt
    • Lautsprecher: 2x 10 cm (rund), 2x 24 cm (oval)
    • Gehäuse: Echtholz, Nussbaum Finish
    • Abmessungen: 592 mm x 375 mm x 255 mm (23,3 Zoll x 14,8 Zoll x 10,1 Zoll)
    • Gewicht: 11 kg (24 lbs)
    • Land der Herstellung: Deutschland
    • Herstellungsjahr(e): 1959 - 1960

    Verwendete Röhren:

    1. ECC85 (FM-Frequenzwandler)
    2. ECH81 (AM-Frequenzwandler)
    3. EF89 (Zwischenfrequenzverstärker)
    4. EABC80 (Detektor und Audio-Vorverstärker)
    5. EL84 (Leistungsverstärker)
    6. EM84 (Abstimmanzeige)

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  • Pioneer PD-S705

    Pioneer PD-S705

    Veröffentlicht: 2.9.2024

    Herstellungsdatum: 1996

    Autor: Karsten Hein

    Kategorie: Gear & Review

    Tag(s): CD-Players

    Frei aus dem Englischen übersetzt. Hier geht’s zum Original .

    Pioneers PD-S 705 CD-Player kam 1996 auf den Markt und war das Spitzenmodell der neuen x05-Serie. Knapp darüber rangierte noch der beliebte PD-S 904, der bereits im Vorjahr auf den Markt gekommen war. Der PD-S 705 schloss somit die bestehende Lücke zwischen seinen beliebten Geschwistern. Er richtete sich in erster Linie an Verbraucher, die die Technologie des PD-S 904 zu einem günstigeren Preis suchten. Der größte Nachteil des PD-S 705 war, dass er, wie auch der PD-S 604 und alle anderen Einsteigermodelle, keinen koaxialen Digitalausgang für den Anschluss an einen externen Digital-Analog-Wandler (DAC) oder an den Digitaleingang eines Vorverstärkers oder Verstärkers besaß. Für die meisten Menschen der damaligen Zeit hätte dieser Kompromiss in der Vielseitigkeit jedoch keine große Rolle gespielt, da CD-Spieler meistens die einzigen digitalen HiFi-Geräte im Haushalt waren.

    Im April 2024 schrieb ich einen Artikel über den kleineren PD-S 604, in dem ich die Vorteile des "Stable-Platter"-Mechanismus für kritisches und audiophiles Hören hervorhob. Bei diesen Laufwerken ist der Plattenteller ein integraler Bestandteil der Leseeinheit des Players und stützt die CD-Scheibe vollflächig von unten ab, anstatt sie nur in der Mitte zu greifen. Dadurch wird das Flattern der CD erheblich reduziert, und das Quellmaterial kann mit sehr hoher Genauigkeit gelesen werden. Da der Zweck jeder HiFi-Anlage darin besteht, dieses Ausgangssignal zu verstärken, ist gerade dessen Integrität für den Klang von größter Bedeutung. Der PD-S 705 verwendet dieselbe Technologie, jedoch mit einer weiterentwickelten Antriebseinheit (PEA1291 statt PEA1179). Die Verbesserungen gegenüber dem PD-S 604 zeigen sich in einem flüssigeren Öffnen und Schließen des Mechanismus sowie in einer noch präziseren Drehung der Platte, was unter anderem zu einer ultraschnellen Initialisierung der Platte führt, sobald die Schublade geschlossen ist.

    In meinem Artikel erwähnte ich auch die Vorteile von Legato Link, das die hohen Frequenzen der CD nicht abrupt abschneidet, wie es bei den meisten CD-Playern der Fall ist, sondern stattdessen eine Art Spline-Interpolation verwendet, um einen weicheren und natürlicheren oder „analogen“ Klang der hohen Frequenzen zu erzeugen. Während diese Technologie beim PD-S 604 gelegentlich zu einer unerwünschten Betonung der Höhen führen konnte - als ob bei manchen Aufnahmen Artefakte auftreten würden - war dieser Effekt beim PD-S 705 deutlich weniger ausgeprägt, wenn er überhaupt noch wahrnehmbar war. Ich denke da an eine „Kuschel Jazz“-CD von Sony & BMG aus dem Jahr 2007, auf der einige Songs eine extrem breite und dreidimensionale Klangkulisse erzeugten, was gelegentlich zu Ungenauigkeiten im Hochtonbereich führen konnte. Jazzige Interpretationen, wie „I Walk the Line“ von Joel Harrison & Norah Jones, klingen auf dem PD-S 705 vielleicht auch etwas höhenbetont, doch ich konnte keine digitalen Fehler, Anomalien oder Artefakte feststellen.

    Obwohl der gleiche Digital-Analog-Wandler (PD2029A) verwendet wird, bietet der PD-S 705 einen um +2 dB verbesserten Rauschabstand von 110 dB. Um dies zu erreichen, verzichtet der PD-S 705 auf einige Funktionen des PD-S 604, z.B. gibt es keinen variablen Line-Ausgang, der eine Abschwächung des Ausgangssignals in Richtung Verstärker ermöglicht. Es gibt keine Kopfhörerbuchse an der Vorderseite und somit auch keine motorisierte Lautstärkeregelung. Während es in den 1980er Jahren noch ausgeklügelte Bedienfelder mit vielen Funktionen und Knöpfen gab, kehrte man Ende der 1990er Jahre bereits zu einer simpleren Designphilosophie zurück, die sich vor allem auf den Klang konzentrierte. Letzteres ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass der PD-S 705 über einen Schalter zum Ausschalten des LCD-Displays verfügt. Ich persönlich habe mich über diese Funktion sehr gefreut, da ich weiß, dass die meisten Audiogeräte nur bei ausgeschaltetem Display ihr volles Klangpotential entfalten. Streuströme vom Display können nur allzu leicht hörbare Störungen in das Musiksignal einbringen.

    Beim PD-S 705 sind die Audioausgänge schaltbar, so dass Benutzer den optischen Digitalausgang und den Analogausgang je nach Anwendung separat ein- und ausschalten können, um dadurch abermals Störungen zu reduzieren. Der PD-S 705 verringert den Gesamtklirrfaktor von bereits niedrigen 0,0028% auf 0,0026%, was in Kombination mit dem verbesserten Signal-Rausch-Verhältnis von Bedeutung sein mag. Der PD-S 705 ist nicht nur 1,5 cm höher, sondern auch 300 Gramm schwerer als der PD-S 604, wodurch er eine stabilere Basis bietet und die schwerere Disc-Lade besser ausbalancieren kann. Auf der anderen Seite besteht das Gehäuse immer noch aus dem gleichen flachen, gebogenen Blech, welches auch heute noch in den meisten Hi-Fi-Geräten zu finden ist.

    Ich hatte bereits beim PD-S 604 gelernt, dass eine Antiresonanzfolie, im Inneren des Gehäuses angebracht, den Klang des Gerätes verbessern kann. Da ich meinen PD-S 705 jedoch in generalüberholtem Zustand von einem deutschen Upcycler mit einem Jahr Produktgarantie erworben hatte, traute ich mich nicht, das Garantiesiegel zu zerstören. Ich finde die Idee sehr gut, alte elektronische Geräte zu reparieren, weiterzuverkaufen und ihnen so ein zweites Leben zu schenken. In diesem Sinne war ich dankbar, die Positron-e GmbH in 85368 Moosburg gefunden zu haben, die ihre generalüberholten und getesteten Produkte unter anderem über eBay verkauft. Allerdings muss ich wegen der Garantie noch eine Weile mit dem Standard-Metalldeckel leben und kann auch noch keine Fotos vom Innenleben des Players zeigen. Dies und der etwas höhere Kaufpreis waren kleine Zugeständnisse für die in Aussicht gestellte Unterstützung durch ein professionelles Servicecenter, falls später einmal technische Probleme auftreten sollten.

    Im Allgemeinen sind die Pioneer PD-S-Player solide konstruierte Audiogeräte, die über viele Jahre störungsfrei ihren Dienst tun. Meiner Erfahrung nach spielen sie gut mit Interconnects, die einen schnellen und detailreichen Klang fördern. Ich verwende daher ungeschirmte, verdrillte Silber-Solid-Core-Kabel. Diese klingen sehr frei und ermöglichen eine optimale Integration des Pioneer, unter anderem mit High-End-Klassikern wie dem Symphonic Line RG9 MK3 oder auch dem aktuellen Symphonic Line RG9 MK5. Im Vergleich zu NAD-Playern ähnlicher Preisklasse war die Klangbühne des Pioneer etwas weniger scharf umrissen, und die Instrumente standen nicht ganz so dreidimensional im Raum, dafür waren Tempo und Rhythmus packender und wirkten lebendiger. Der Pioneer PD-S 705 mag vielleicht nicht der spektakulärste CD-Spieler auf dem Markt sein, doch seine originalgetreue Wiedergabe des Musikmaterials und der angenehm analog klingende Hochtonbereich machen ihn zu einem ausgewogenen Allrounder, der sich auch für audiophile Hörsessions sehr gut eignet.

    < Pioneer PD-S 604 | Stager Silver Solids >

    Technische Daten

    • Typ:  CD-Spieler mit Plattentellerlaufwerk
    • EU-Modell:  AC 220 - 240 V, 50/60 Hz
    • Digitaler Wandler: PD2029A
    • CD-Laufwerk:  PEA1291
    • Frequenzgang:  2 Hz - 20.000 Hz
    • Signal-Rauschabstand:  > 110 dB
    • Dynamikumfang:  > 96 dB
    • Harmonische Verzerrung:  < 0.0026%
    • Ausgangsspannung Line (max.):  2 V
    • Wow und Flattern:  < 0,001% (überwiegend nicht messbar)
    • Anzahl der Kanäle: 2-Kanal (Stereo)
    • Variabler Line-Ausgang (Stereo): nicht vorhanden
    • Fester Line-Ausgang (Stereo):  1x Cinch/RCA
    • Digitaler Ausgang (Stereo): 1x nur optisch
    • Sonderbuchse: CD-Deck Synchro zu Band
    • Kopfhörerbuchse: nicht vorhanden
    • Zubehör: Fernbedienung
    • Anzeigeoptionen: Ein / Aus / Zeitwahl / Programm
    • Batterien der Fernbedienung: 2x AAA
    • Stromverbrauch: 14 Watt
    • Betriebstemperatur:  +5 bis + 35 C
    • Abmessungen: (B) 420mm, (T) 283mm, (H) 125mm
    • Produktgewicht: 4,2 kg
    • Herstellungsland: Japan
    • Jahr(e): 1996 - 1998

    80s night
  • NAD 310

    NAD 310

    Veröffentlicht: 8.8.2024

    Herstellungsdatum: 1994

    Autor: Karsten Hein

    Kategorie: Gear & Review

    Tag(s): Integrated Amplifiers

    Frei aus dem Englischen übersetzt. Hier geht’s zum Original .

    Im Sommer 2024 teilten mir Michael und Iris mit, dass sie ihren Urlaub an der Nordsee verbringen wollten. Ich freute mich auf die Gelegenheit, sie wiederzusehen, und konnte es kaum erwarten, Michael unser neues Studio vorzustellen. Da unsere beiden Gästezimmer zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits belegt waren, bot meine Frau Sabina an, den Beiden bei der Suche nach einer geeigneten Unterkunft in unserer Nähe behilflich zu sein. Michael, ein audiophiler Weggefährte, der mir zuvor schon seine wunderbaren Teufel M200-Lautsprecher zum Erkunden geliehen hatte, teilte mir mit, dass er diesmal einen kleinen NAD 310-Verstärker für unsere Hörprobe mitbringen würde. Und obwohl ich NADs viel gepriesenem ‘audiophiler-Klang-für-den-schmalen-Geldbeutel’-Anspruch immer auch ein wenig skeptisch gegenüberstand, war ich froh zu hören, dass mir Michael erneut etwas Neues vorführen wollte.

    Meinen bis zu diesem Zeitpunkt einzigen Eindruck eines NAD-Systems, hatte ich während eines Besuchs bei meinem ehemaligen Englisch-Dozenten Martin von Schilling in Bayreuth gewinnen können. Und, obwohl seitdem mehr als 25 Jahre vergangen waren, hatte ich die Spielweise des HiFi-Systems immer noch als sehr musikgetreu in Erinnerung. Selbstverständlich war die Musikauswahl, die wir damals hörten, ganz anderer Natur als die Jazz- und Klassikaufführungen, die ich heute abzuspielen pflege. So kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, wie Martin mit meinem Audi 80 über die A3 in Richtung Frankfurt bretterte, während G&R „Mr. Brownstone“ aus meiner Custom-Autoanlage dröhnte. Ich konnte mir deshalb nicht wirklich sicher sein, wie viel meines positiven Eindrucks von Martin von Schillings Heimstereoanlage auf meine damalige Unerfahrenheit in Sachen Klang zurückzuführen war.

    Als Michael und Iris an der Nordsee ankamen, verbrachten Sabina, unsere Kinder und ich den ersten Abend mit ihnen am Deich in Friedrichskoog bei Rock- Pop- und Schlagermusik, die von einer lokalen Coverband dargeboten wurde. Die MusikerInnen mussten dabei heftigen Windböen trotzen, und ihre PA-Anlage schien diesen Umstand durch übermäßige Lautstärke zu kompensieren. Nachdem wir also unseren Eindruck von Livemusik zur Genüge aufgefrischt hatten, verbrachten wir den Rest des Abends in einem örtlichen Restaurant und sprachen über Musik, unseren kürzlichen Umzug von Frankfurt an die Nordsee und andere Familienangelegenheiten. Das Bedürfnis nach zusätzlichem Platz für unsere Familie, unsere Sprachschule, aber auch für Explorations in Audio war ein signifikanter Faktor für unsere Entscheidung gewesen, unser Glück jenseits der bekannten Bankenmetropole zu suchen.

    In unserem neuen Studio in Marne konnte ich Michael zum ersten Mal drei permanente HiFi-Systeme in einem separaten Hörraum außerhalb des Wohnbereichs der Familie zeigen. In diesem Raum war jeder Lautsprecher so aufgestellt worden, dass eine nahezu lineare Klangwiedergabe in Bezug auf die spezifischen Eigenschaften des Raums und der Hörposition möglich war. Es gab nur wenige parallele Wände, und die Einrichtung war so gewählt worden, dass dadurch die Nachhallzeiten auf ein zuträgliches Maß reduziert wurden. Der großzügige Platz hinter jeder der Anlagen ermöglichte die bequeme Installation der Komponenten und eine einwandfreie Verkabelung. Es war die Art von Spielwiese, von der viele audiophile Hörer für ihr Hobby nur träumen können, und sie stellte gleichsam die Grundlage für meine Beurteilungen der Klangqualität von HiFi-Komponenten dar.

    Zum Zeitpunkt von Michaels Besuch bestand meine Referenzanlage aus einem Thorens TD320-Plattenspieler (mit AT VM95 ML-Tonabnehmer und linearem Audiophonics-Netzteil), einem Marantz CD-17-CD-Player (komplett mit Ken Ishiwata-optimierter Ausgangsektion), einem viel gepriesenen Symphonic Line RG9 MK3-Vollverstärker und Martin Logan SL-3-Elektrostaten. Bei den Kabeln handelte es sich um Symphonic Line Harmonie HD (an CD) und Belden 9497 Lautsprecherkabel, die in Y-Bi-Verdrahtung von einem einzigen Kontaktpunkt am Verstärker zu den separaten Hoch- und Tieftonanschlüssen der Lautsprecher geführt wurden. Ein Symphonic Line-Netzkabel und eine optimierte Stromzufuhr - eine gerade Leitung, die von der Anlage bis zum zentralen Sicherungskasten unseres Hauses hin führt - sorgten dafür, dass jederzeit genügend sauberer Strom zur Verfügung stand.

    Obwohl der NAD 310 (zumindest theoretisch) auch meine Martin Logan-Lautsprecher hätte antreiben können, verlangten sowohl die elektrostatischen Panels als auch die dynamischen Tieftöner des Logan-Hybriddesigns für einen optimalen Betrieb nach einer Endstufe mit höherer Wattzahl und hätten sich von den mageren 20 Watt RMS pro Kanal des NAD vermutlich nicht besonders beflügelt gefühlt. Meine Tannoy XT8f-Lautsprecher jedoch, die Bestandteil der HiFi-Anlage links daneben waren, ließen sich mit durchschnittlich 8 Ohm und einer hohen Empfindlichkeit von 91 Dezibel relativ leicht antreiben. An diese Kette schlossen wir den NAD 310 an.

    Hier bestand das Frontend aus einem Pioneer PD-S705 CD-Spieler, der einst durch sein revolutionäres Plattenteller-Laufwerk und die umgekehrte CD-Platzierung für Aufsehen gesorgt hatte. Da der NAD 310 nicht über eine integrierte Phonostufe verfügt, fanden wir uns mit dieser Tatsache ab und unternahmen keine Versuche, einen Plattenspieler z.B. über eine externe Phonostufe anzuschließen. Bei den Kabeln handelte es sich um Stager Silver Solid Core Interconnects von CD und Symphonic Line Harmonie HD-Kabeln in Single Wiring zu den Lautsprechern. Für die Verbindung zwischen den Hoch- und Tieftönern der Tannoy verwendeten wir massive Kupferdrahtbrücken von 4 mm Durchmesser. Die Lautsprecher wurden auf ihren aretierbaren Spikes positioniert, welche die Tannoys stabil auf unbeweglichen 38 kg schweren Steinplatten in Position hielten. Diese Infrastruktur war sicherlich nicht alltäglich für den erschwinglichen NAD 310 und versprach daher, interessant zu werden.

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    Michael und ich begannen unsere Hörsession mit einem Live-Auftritt der deutschen Tom Waits-Coverband „Bad As We“, welchen der ehemalige Tontechniker des Bayerischen Rundfunks, Andreas Sandreuther, und der Nürnberger analog-treff-Gründer Heinz-Peter Völkel direkt auf eine analoge Tonbandmaschine aufgenommen hatten. Live||Tape heißt ihr neues (rein analoges) Label, und selbst beim Remastering für CD blieb noch viel vom Dynamikumfang und Realismus der Originalaufnahme erhalten. Michael und ich hatten uns die CD zuvor auf großen Vor- und Endstufenkombinationen angehört und waren nun tatsächlich überrascht darüber, dass mit dem NAD 310 sehr viel von der ursprünglichen Dynamik, Tonalität und Dimension erhalten blieb. Diese hervorragende Performance war besonders verblüffend, wenn man die bescheidene Größe, das geringe Gewicht und die winzigen Platinen des NAD bedenkt.

    Was man mit seinen eigenen Ohren wahrnimmt, lässt sich oft nur unzulänglich in einem schriftlichen Bericht erfassen. Und ich muss gestehen, dass uns kaum etwas, was wir über den NAD zuvor hätten lesen können, auf dieses Ereignis vorbereitet hätte. Denn mit geschlossenen Augen und bei normaler Hörlautstärke hätten wir den Klang des NAD 310 ganz sicher mit dem einer Vor- und Endstufenkombination verwechselt, und dies sogar mit einer sehr guten. Im direkten Vergleich mit meinem Restek V1 und Echle LF-3519 Setup wirkte der NAD weniger kraftvoll und ließ gelegentlich etwas Biss bei den Klaviertönen vermissen. Bei zahlreichen Aufnahmen erwies sich diese Spielweise jedoch eher als Vorteil, denn als Nachteil. Trotz des Verlustes so mancher Spitze und Kante eines Musikereignisses gelang es dem NAD 310 dennoch, eine ausgezeichnete Tonalität und Homogenität zu wahren und durchweg einen nicht-ermüdenden und dabei sehr musikalischen Klang zu bieten.

    Stimmen wurden mit natürlichem Detail und erkennbarem Timbre wiedergegeben, und die Klangbühne zeigte eine ähnliche Breite und Tiefe, wie ich es von meinen separaten Komponenten gewohnt war. Im direkten Vergleich mit dem Restek V1 und Echle LF-3519-Setup bot der NAD 310 etwas weniger freien Raum um die Instrumente herum, so dass jedes klangliche Ereignis zeitlich und räumlich näher am Nächsten zu liegen schien. Dies wurde besonders deutlich, als wir zu Helge Liens Jazz-Album „No. 10“ wechselten, das auf höchst angenehme Weise mit dem Raumgefühl des Hörers spielt. Nachdem Michael nun schon eine Weile mit mir Singer-Songwriter und Jazzmusik gehört hatte, fragte er, ob ich auch etwas an elektronischer Musik zur Hand hätte.

    Ich dachte zunächst an eine Boris Blank-CD, doch dann erinnerte ich mich, dass ich gerade über ein Culture Beat-Album von 1993 gestolpert war, welches in einem der kostenlosen Mitnahmeregale in den Straßen von Husum gestanden hatte. Für uns beide war es schon Jahre her, seit wir das letzte Mal eine Torsten Fenslau-Produktion gehört hatten, und wir mussten über die Unwahrscheinlichkeit dieser Idee schmunzeln. Michael erinnerte sich daran, dass auf dem Album „serenity“ Titel Nummer drei „got to get it“ mit Vocals von Tania Evans früher sehr beliebt gewesen war. Wir erhöhten die Lautstärke und wurden in die trockenen deutschen Disco-Beats der 90er Jahre zurückversetzt. Der NAD 310 kam auch mit der erhöhten Lautstärke sehr gut zurecht und wirkte zu unserer Überraschung zu keiner Zeit angestrengt oder etwa komprimiert. Die hohe Empfindlichkeit der Tannoys und deren natürliche 6dB-Anhebung im Bass trugen sicherlich ihren Teil zu dieser soliden Leistung bei.

    Da wir mit unserem Hörtest des NAD 310 sehr zufrieden waren, beschlossen Michael und ich, unsere Sitzung abzuschließen, indem wir die Culture Beat-CD bei meinem Martin Logan-Referenzsystem (mit RG9 MK3-Verstärker) einlegten, in der Annahme, dass wir so ziemlich dieselbe Musikdarbietung erleben würden. Zu meiner Erleichterung war dies jedoch nicht der Fall. Die Martin Logans erweckten jedes Sample mit einer derartigen Breite, Tiefe und einem solchen Glanz zum Leben, dass die vorherige Aufführung im Vergleich etwas blass und leblos wirkte. Es gab so viele Details und Dimensionen, dass sogar das einfach gestrickte Culture Beat-Discoalbum für mich nun einen Sinn ergab. Ich glaube, Michael und ich waren beide ein wenig überrascht von dieser Veränderung, denn an der Anlage, die wir zuvor gehört hatten, war für uns wirklich wenig 'Falsches' erkennbar gewesen. Im Gegenteil, sie hatte eine exzellente Leistung abgeliefert, die eigentlich kaum Wünsche offen ließ.

    Nun, der NAD 310 ist ein preiswerter Verstärker, der weit oberhalb seiner Gewichtsklasse boxt und einige clevere Designentscheidungen enthält, die dieses Kunststück möglich machen. Rachel Cramond schrieb 2012 einen ausführlichen Bericht über dieses Phänomen für die Zeitschrift Gramophone. (Man kann den Artikel ein paar Mal lesen, bevor Gramophone gebührenpflichtig wird). Neben der kostensparenden Reduzierung der elektronischen Bauteile um etwa 50 % gegenüber einer herkömmlichen Endstufe verfügt der NAD 310 über eine reine Class-A-Treiberstufe und eine sorgfältig abgestimmte Kombination aus MosFET- und bipolaren Transistoren. Ein erkennbarer Unterschied zu herkömmlichen A/B-Verstärkern besteht auch in den beiden großen Kondensatoren, die rechts neben dem Kühlkörper auf der Endstufenplatine platziert sind, und zwar zusätzlich zu den Netzteilkondensatoren, die sich unmittelbar neben dem Ringkerntransformator befinden (siehe Foto).

    Über die Sekundärkondensatoren stellt der NAD sicher, dass endstufenseitig stets genügend dynamischer Headroom vorhanden ist, selbst wenn der Verstärker nahe der maximalen Lautstärke betrieben wird. Bei einem 20-Watt-Verstärker lassen sich jedoch auch die Grenzen der Anstiegsgeschwindigkeit und der Signaldämpfung nicht leugnen. Daher ist es angebracht, ihn (trotz hoher Stromfestigkeit) mit einer reaktionsschnellen Elektronik am Eingang und empfindlichen Lautsprechern am Ausgang zu kombinieren. Meine Wahl von schirmlosen Silberkabeln und den wirkungsgradstarken Tannoy-Lautsprechern hat in dieser Hinsicht sehr gute Ergebnisse geliefert.

    Obwohl sich der NAD 310 bereits seit längerem in Michaels Besitz befand, hatte er ihn noch nie in einer so dezidierten Hörumgebung und so sorgfältigen Aufstellung gehört und war daher doch ziemlich überrascht, wie sehr die gute Leistung des Geräts auch von der Peripherie abhing. Und ich hatte noch nie ein Gerät in dieser erschwinglichen Preisklasse gehört, das sich in einer solchen Umgebung so respektabel behaupten konnte. Ich jedenfalls werde NADs eher unterdimensioniert wirkende Verstärkerkonstruktionen von nun an mit mehr Respekt begegnen. Denn eines kann ich Ihnen versprechen: Unter normalen Haushaltsbedingungen werden sämtliche Einschränkungen, die Sie in Verbindung mit dem NAD 310 wahrnehmen können, höchstwahrscheinlich durch die Einbindung in die Peripherie verursacht und nicht durch diesen Verstärker selbst.

    Technische Daten

    Leistungsverstärker

    • Typ: Integrierter Transistor-Stereo-Verstärker
    • Transformator: 100 VA, Ringkern
    • Leistungsaufnahme (max.): 92 Watt
    • Ausgangsleistung (RMS, 8 Ohm): 2x 20 Watt
    • Ausgangsleistung (RMS, 4 Ohm): 2x 30 Watt
    • Ausgangsleistung (RMS, 2 Ohm): 2x 40 Watt
    • Hochstromstabilität: < 2 Ohm
    • Frequenzbereich (+0,3dB): 20 - 20.000 Hz
    • Frequenzbereich (+/-3dB): 10 - 70.000 Hz
    • Harmonische Verzerrung (@25 Watt, 8 Ohm): <0.05%
    • Signal-Rauschabstand: 100 dB
    • Eingangsempfindlichkeit (Nennleistung @ 8 Ohm): 1V
    • Signaldämpfung (50 Hz): >100
    • Anstiegsrate: >20 V/usec

    Vorverstärker

    • Phono-Sektion: nicht verfügbar
    • Line-Eingänge: CD, Video, Tuner, Tape, Auxiliary
    • Eingangsimpedanz: 80 kOhm + 220 pF
    • Eingangsempfindlichkeit: 210 mV
    • Eingangssignal (max.): >10 V
    • Signal-Rauschabstand (1 Watt): 93 dB
    • Signal-Rauschabstand (max. Leistung): 106 dB
    • Infraschallfilter: -3 dB bei 10 Hz (12 dB pro Oktave)
    • Hochtonanpassung: +/- 7 dB bei 100 Hz
    • Bassanpassung: +/-6 dB bei 10 Hz
    • Abschaltbare Tone-Controls: ja

    Allgemein

    • Herstellungsland: Taiwan R.O.C.
    • Abmessungen: (B) 435mm x (H) 65mm x (T) 250mm
    • Gewicht: 5 kg
    • Jahr(e): 1995

    Digitising Records
  • Mark Levinson HF-10c

    Mark Levinson HF-10c

    Veröffentlicht: 15.7.2024

    Herstellungsdatum: 2024

    Autor: Karsten Hein

    Kategorie: Gear & Review

    Tag(s): Speaker Cables

    Frei aus dem Englischen übersetzt. Hier geht’s zum Original .

    "Don’t know how you’d find me, I don’t look much like the photos. Whatever man you'd come to look for, I'm not him", singt Sean Keel, in der breiten Stereomitte und wunderbar umgeben von akustischer und elektrischer Slide-Gitarre, welche auf wundersame Weise in unserem Studio zu schweben scheinen. Ich spüre, dass mein betagter Denon DCD-1420 bisweilen Mühe hat, seine abgenutzte Laseroptik auf Spur zu halten, was Seans ohnehin schon krächzende Stimme noch gefährdeter und schützenswerter wirken lässt. Die Endstufe des Abends ist meine dreißig Jahre alte Uher UMA-1000, welche in Kombination mit Luigis Mark Levinson HF-10c-Lautsprecherkabeln den spärlich gesetzten Klaviernoten von Gabriel Rhodes die nötige Klangfülle und Substanz verleiht.

    Keels Stimme klingt kratzend nach Alter und Weisheit: "You sang blessed assurance. And then it was my favourite song." Die Bestimmtheit und die Klangfülle, mit denen unsere Tannoy XT8f-Lautsprecher jeden Tastenanschlag wiedergeben, transportieren eine gewisse Zuversicht, trotz des stimmlichen Risikos, diese in der nächsten Sekunde schon wieder zu verlieren. Es ist ein guter Abend, um langsame Musik zu hören, bei der jeder Ton so getragen wie möglich ist. Vielleicht ist es ja der Beginn der Ferienzeit, der diese eindrucksvolle Menge an sauberer Energie aus dem Netz zaubert, vielleicht ist es anteilig auch meine gute Laune angesichts der Rückkehr des Sommers nach einer scheinbar endlosen Wintersaison, die sich in diesem Jahr bis weit in den Juli hineinzog.

    Die großen und schweren Kupferkabel von Mark Levinson waren schon lange nicht mehr in Betrieb gewesen und ließen sich nur schwer wiederbeleben. Luigi hatte sie mir ohne ordentliche Stecker übergeben und mir ganz nebenbei geraten, ich solle mir ein paar Stecker besorgen, die auf den 6-mm-Kabeldurchmesser passten. Es war typisch für Luigis Vorschläge, dass sie zumindest eine gewisse Anstrengung meinerseits erforderten. Und ich war in der Regel nur zu gern bereit, dem Folge zu leisten. Ich mochte die verspannbaren, pistolenförmigen WBT-0610 CU-Bananenstecker, die ich zuerst bei den HMS Gran Finale-Kabeln gesehen hatte, doch ich wollte nicht so viel Geld für ein Kabelpaar ausgeben, das nicht mein eigenes war. Daher entschied ich mich für einen erschwinglichen Nachbau der WBTs, in der Hoffnung, dass ich (aus audiophiler Sicht) damit durchkommen würde.

    Es war ganz offensichtlich, dass die Kabelenden im Laufe der Jahre etwas oxidiert waren, obwohl ihr Bündel von Einzellitzen—jede nicht dicker als ein menschliches Haar—an den Stellen, an denen sich die Originalanschlüsse befunden hatten, zu einem einzigen Stück verlötet worden waren. Ich versenkte die Sechskantschrauben fest im Lötzinn, wohl wissend, dass es noch einige Zeit dauern würde, bis sich diese Kabel eingespielt hatten. Nebenbei bemerkt habe ich manchmal die Erfahrung gemacht, dass es für die Einlaufzeit nicht zwingend erforderlich ist, dass das Gerät die ganze Zeit läuft, solange die Komponenten angeschlossen bleiben. Allein die Tatsache, dass Kupfer, Blei, Messing und Gold in direkten Kontakt miteinander gebracht werden, führt bereits zu einer langsamen Homogenisierung der elektrischen Eigenschaften an den Übergangspunkten und minimiert den Widerstand zwischen ihnen. Dies ist keine wissenschaftliche Aussage, sondern nur etwas, das ich beim Konfektionieren und Anhören neuer Kabel in den ersten Wochen akustisch beobachtet habe.

    Ich nenne die Tannoy XT8f-Anlage unser "neues" System, nicht so sehr wegen des Alters seiner Komponenten, sondern wegen des relativ "modernen" Klangs der Tannoys. Die Lautsprecher unserer Zeit sind in der Regel so abgestimmt, dass sie in den Labors gute Messergebnisse liefern, während die Ingenieure der Vergangenheit nicht über diese Menge ausgefeilter Messgeräte verfügten. Sie konnten sich fast ausschließlich auf ihre eigenen Ohren verlassen. Und - ob Sie es glauben oder nicht - das menschliche Ohr ist kein schlechter Maßstab, wenn es darum geht, Entscheidungen über die Vorzüge des Klangs zu treffen. Das erklärt auch, weshalb manch klassische Instrumente auch heute noch besser klingen als aktuelle Geräte, trotz aller technischen Fortschritte. Die Mark Levinson HF-10c in Kombination mit der alten Uher-Endstufe lassen meine Tannoys vor allem "musikalisch" klingen, und das trotz ihrer eigentlichen Tendenz, modern und analytisch zu erscheinen.

    Musik wird durch Dynamik eindrucksvoll, aber erst durch Tonalität lebendig. Die HF-10c unterstützen dunklere und vollmundigere Töne. Wenn Sie diese Kabel mit einem schwachen Verstärker koppeln, werden Sie erleben, wie die Kraft aus dem Verstärker schwindet. Die Uher-Endstufe mit ihren 150 Watt pro Kanal hat jedoch keine Schwierigkeiten, sie Kabel anzutreiben. Auch kann ich hören, wie die Endstufe langsam aus ihrem jahrelangen Winterschlaf erwacht. "World’s got a brand new baby, I lie awake listen to her bawl. Must feel a lot like flying." Heute Abend verstehe ich, was Sean damit meint. Ich genieße Abende wie diesen, an denen die Luft nach den vielen Regengüssen sauber riecht und die untergehende Sonne quadratische orangefarbene Flecken auf unserem sonst anthrazitfarbenen Teppich und den Holzbalken in unserem Studio bildet.

    Ich erinnere mich an die Madrigal Flat Copper-Kabel, die mir Luigi im Januar 2022 zum Probehören überreichte. Produkte von Mark Levinson haben eigentlich immer einen interessanten Kniff. Eine Eigenschaft, die sie zu etwas Besonderem werden lässt, selbst wenn die Zeit sich weiterentwickelt hat. Die Musikalität des HF-10c ist ziemlich beeindruckend, auch wenn Geschwindigkeit, Detailtreue und Basskontrolle vielleicht nicht seine größten Stärken sind. Immerhin sind das nicht unbedingt Defizite, wenn es darum geht, die ohrenbetäubenden Eigenschaften von Hochleistungsendstufen abzumildern. Und davon hat Mark Levinson ja bekanntlich so einige im Haus. Ein hoher Dämpfungsfaktor, jede Menge saubere Burst-Power bis in die Höhen hinein, Beryllium- oder Titankalotten an mit Silber verkabelten Lautsprechern, all diese laborerprobten technischen Overkills finden in diesen Kabeln ein wohltuendes Gegengewicht. 

    Wenn ich mein übliches Repertoire an Folk, Jazz, Vocal Jazz und Rock durchspiele, bewahren die HF-10c einen weichen und seidigen Hochtonbereich, der auch bei höheren Lautstärken nicht aggressiv wird, einen charmanten Mitteltonbereich, mit dem ich mich schnell anfreunden kann, üppige, naturgetreue Stimmen, die in einer breiten Phantommitte dargestellt werden, eine warme Tonalität und (vor allem im Jazz) eine realistische Menge an musikalischen Details. Der Klang ist röhrenartig, satt und vollmundig mit durchdringenden Klaviertönen. Die Kabel bieten eine mittlere Ausklingdauer, nicht so kurz wie die Terminator-5-Kabel von MIT und nicht so langfahnig wie die Harmonie HD von Symphonic Line.

    In Sachen Potenz erinnern mich die Mark Levinson an die Symphonic Line-Kabel, obwohl sie doch ganz anders spielen: Die Symphonic Line treten lauter und agiler auf. Wenn Klaviertöne schrill werden, fällt das bei den Symphonic Line-Kabeln zuerst auf, weil die HF-10c deutlich nachsichtiger sind. Die Basskontrolle ist bei den Harmonie HD straff und sehr druckvoll, bei den MIT-Kabeln in einigen Frequenzen vielleicht sogar etwas zu druckvoll. Um mit den HF-10c das gleiche Ergebnis an Basskontur und Druck zu erzielen, bräuchte man einen Verstärker mit massiver Leistung und sehr hohem Dämpfungsfaktor. Und ich glaube, dass die Mark Levinson-Ingenieure genau so ein Kraftpaket von einem Verstärker vor Augen hatten, als sie die HF-10c bei einem Kabelspezialisten in der Schweiz in Auftrag gaben, nach ihrem mittlerweile legendären “Koste es was, es wolle”-Ansatz.

    Technische Daten

    • Typ: ultrafeines, mehrdrähtiges Lautsprecherkabel

    • Durchmesser: 10 AWG (5,26mm) Kupfer pro Litze

    • Lücke zwischen den Litzen: 5 mm

    • Leitermaterial: hochreines Kupfer 

    • Getestete Länge: 2x 2,24m (Stereo)

    • Abschlüsse: verspannbare Bananas, 24K vergoldet

    • Land der Herstellung: Schweiz 

    • Jahr(e): ca. 1992



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    Karsten