Veröffentlicht: 27.7.2022
Herstellungsdatum: 1976
Autor: Karsten Hein
Kategorie: Gear & Review
Tag(s): Turntables
Der CS 721 war das Flaggschiff von Dual gegen Ende der 1970er Jahre und wird von vielen als einer der besten Dual-Plattenspieler aller Zeiten angesehen. Wo sich die Experten nicht einig sind, geht es meist um die Bevorzugung eines bestimmten Antriebssystems. Befürworter von Treibrad-Plattenspielern würden die Dual-Modelle CS 1219 und CS 1229 als ihre Favoriten nennen, während Fans des Riemenantriebs den CS 5000 oder CS 7000 Golden bevorzugen würden. Der CS 721 war ein Direktantriebsmodell (DD) und hatte dadurch, im Vergleich zu den anderen beiden Antriebsarten, die audiophilsten technischen Daten in Bezug auf Rumpel-Abstand und Gleichlaufschwankungen von allen. Dennoch: Wir hören nicht die Spezifikationen, sondern Musik. Und auch ich muss gestehen, dass mir der direkte und etwas ungestüme Klang unseres kleineren CS 505-3 ebenso gefällt, trotz schlechterer Daten.
In seiner günstigsten Form war der CS 721 nicht gerade das schönste Exemplar eines Plattenspielers auf dem Markt. Sein Sockel bestand aus billigem Plastik und hatte einen Rahmen aus laminiertem Sperrholz. Dual musste sich schon auf seinen guten Namen in audiophilen Kreisen verlassen können, um seine optisch eher zweckmäßigen Produkte neben den schnittigen und schlanken asiatischen Designs von Technics, Pioneer, Sony, usw. verkaufen zu können. Und tatsächlich war das neue und auffällige Fehlen von Echtholz bei den Produkten des deutschen Herstellers aus dem Schwarzwald bereits ein erstes Tribut an den zunehmend preisgetriebenen Markt. Der Druck, die Konkurrenz durch technisches Raffinesse zu übertreffen, sicherte dem CS 721 jedoch einige interessante und durchaus hochentwickelte Funktionen, die man bei Plattenspielern eines jeden Baujahres nur selten findet.
Ein offensichtliches Highlight des CS 721 war sein klanglich üppiger, speziell für das Dual-System entwickelter Shure V15-III Tonabnehmer mit seiner SuperTrack-Plus Nadel. Der Shure V15-III galt als exzellenter Tracker schon bei geringer Auflagekraft von nur 0,75g bis 1,25g. Das Tonabnehmersystem wies die üblichen Shure Bassqualitäten auf und arbeitete reibungslos über einen großen Frequenzbereich von 10 Hz bis 25.000 Hz. Leider war die originale Shure-Nadel bei unserem Modell schon zu stark abgenutzt, so dass ich mich nach einem geeigneten Ersatz umsehen musste. Mein erster Impuls war es, mir eine Jico SAS-Nadel mit Bor-Nadelträger anzuschaffen, doch ein Lieferstopp auf unbestimmte Zeit seitens Jico zwang mich dazu, mich stattdessen für eine weniger aufwendige Shibata-Nadel von Tonar zu entscheiden. Shibata-Nadeln wurden ursprünglich für quadrophonische Aufnahmen entwickelt, greifen ebenfalls tief in die Schallplattenrille und sind, ähnlich wie die SAS-Nadeln von Jico, zu vielen Nuancen in der Musik fähig. Als ich mir die original Dual- und die Tonar-Nadel im direkten Vergleich anhörte, fiel es mir jedoch schwer, nicht der abgenutzten Super-Track-Plus-Nadel den Vorzug zu geben, weil sie mir klanglich tatsächlich noch feiner schien.
Ich beschloss außerdem, den Sockel des Plattenspielers zu optimieren, um die physikalischen Schwingungen des schwimmenden Chassis noch besser zu isolieren, da mir die dünne Kunststoffwanne für diese Aufgabe nicht ausreichend zu sein schien. Einen ausführlichen Artikel zu diesem Projekt finden Sie in der Rubrik 'Explorations' in diesem Blog (siehe unten). Das Resultat meiner Arbeit war ein massiver Holzsockel, der die ursprüngliche Struktur perfekt in der Waage hielt und gleichzeitig die möglichen Resonanzen des Kunststoffs durch die Verwendung von Moosgummi-Einlagen dämpfte. Ich verwendete Tri-Ball-Absorber, um den Sockel zusätzlich von möglichen Vibrationen des Racks zu isolieren, die durch Schritte, zuschlagende Türen oder die anderen Hifi-Geräte verursacht werden. Das Ergebnis war ein klanglich reichhaltiger, präziser und ungestörter Klang, wie man ihn von einem Spitzenplayer von Dual erwarten würde.
Neben seinem präzisen und leisen Motor, dem starren Tonarm und dem legendären Shure-Tonabnehmer bot der CS 721 eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten, die zu seiner Zeit führend in seiner Klasse waren. Wie alle Duals der 70er bot er drei Transportschrauben, um das Chassis während des Transports zu fixieren. Ich habe diese Funktion bei den Dual-Decks immer sehr geschätzt, da ich viel Zeit damit verbracht habe, sie in Autos zu transportieren. Sogar der Staubschutzhaubenlift konnte beim CS 721 justiert werden, für den Fall, dass die Feder mit dem Alter nachgeben sollte. Der Tonarm hatte ein 2-fach gedämpftes, einstellbares Gegengewicht und konnte zusätzlich an der hinteren Achse in der Länge verändert werden, um an die damals gängigen Massen der Tonabnehmer perfekt angepasst zu werden.
Die vertikale Spur des CS 721 Tonarms konnte über einen Hebel kalibriert werden. Die meisten Plattenspieler boten dafür nur ein Set aus Inbusschrauben an. In ähnlicher Weise konnte man den Abhebungswinkel und die genaue Aufsetzposition der Nadel auf der Plattenrille einstellen. Die Aufsetzgeschwindigkeit konnte so optimal an das Gewicht des Tonabnehmers angepasst werden. Interessant war, dass die manuelle Liftfunktion von der Einstellung der Lifthöhe nicht beeinflusst wurde, da auch diese über einen separaten Regler eingestellt wurde. Bei der Wiedergabe von Schallplatten konnte der CS 721 von einzel auf unendlich umgestellt werden, so dass die Wiedergabe einer Schallplatte solange wiederholt wurde, bis sie manuell unterbrochen wurde. Bei näherer Betrachtung des Headshells stellte ich überrascht fest, dass der Tonabnehmer darauf fest eingeklemmt und zusätzlich mit zwei Schrauben gesichert war. Ich erfuhr, dass ursprünglich zwei verschiedene Headshells verkauft wurden, von denen nur eines manuell eingestellt werden konnte. So kaufte ich schließlich ein zusätzliches TK-24 Headshell, um mehr Freiheit bei der Justage zu haben.
Während der Tonarm zunächst durch die Justage der hinteren Länge des Arms und dann über den Rändelring des Gegengewichts verstellt wurde, stand noch ein weiterer Einstellring zur Verfügung, um die Abtastkraft einzustellen. In dieser Kombination war dies eine der raffiniertesten Abstimmungen, die ich je gesehen hatte. Die Anti-Skating-Funktion konnte sowohl für konische als auch für bi-radiale Nadeleinschübe voreingestellt werden. Es war vorstellbar, dass die umfangreiche Kombination von Einstellungen des CS 721 für einige Besitzer eher verwirrend als hilfreich war. Andererseits war das Hören von Schallplatten seit jeher mit dem Fliegenfischen vergleichbar, bei dem man viel Zeit, Können und Mühe aufwenden musste, um einen ziemlich kurzlebigen Höhepunkt zu erzielen. Mit anderen Worten: Der Dual war in der Bedienung alles andere als ein Kinderspiel. Umso erfreulicher war es jedoch, ihn zu besitzen und zu hören, sobald die perfekte Einstellung erreicht war, insbesondere mit seinem neuen Walnuss-Sockel.
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Christian und Joseph Steidinger nahmen 1907 als Hersteller von Uhrwerken und Grammophonen in der deutschen Stadt St. Georgen im Schwarzwald ihren Betrieb auf. Das ursprüngliche Unternehmen trug lediglich den Familiennamen, bis es 1927 in Dual umbenannt wurde. Der neue Firmenname wurde in Anlehnung an die dualen Stromversorgungen gewählt, mit denen das Unternehmen echte Pionierarbeit leistete. Grammophone, die mit diesen Antriebsmodellen ausgestattet waren, konnten entweder mit Strom versorgt oder für die Wiedergabe mit einem Federmechanismus aufgezogen werden. Angesichts ihrer frühen Erfolge als Teilelieferanten begannen die Gebrüder Steidinger, ihre eigenen Plattenspieler zu entwickeln.
Während des großen deutschen Wirtschaftsaufschwungs in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs Dual zum größten Hersteller von Plattenspielern in Europa. Die deutsche Wirtschaft genoss zu dieser Zeit noch einen erheblichen Preisvorteil gegenüber dem Rest Europas und wurde rasch wieder für ihre hohe Qualität bekannt. Die Gebrüder Steidinger mussten bis zu 3.000 Mitarbeiter in Ihren Fabriken einstellen, um mit der wachsenden Nachfrage nach Unterhaltungsgeräten auf dem Weltmarkt Schritt zu halten. Obwohl Dual seinen Markennamen auch auf andere Produkte der Unterhaltungselektronik ausdehnte, sind die Plattenspieler des Unternehmens bis heute Ikonen der Technik geblieben.
Die ursprüngliche Firma Dual ging Anfang der 1980er Jahre in den Konkurs, nachdem für mehr als ein Jahrzehnt ein harter Wettbewerb durch vergleichsweise günstige und hochentwickelte Importe aus Japan geherrscht hatte. Das Unternehmen wurde zunächst an den französischen Elektronikkonzern Thomson SA verkauft. 1988 kaufte das deutsche Unternehmen Schneider Rundfunkwerke AG die Marke Dual und gliederte 1993 die “Dual Phono GmbH" an Herrn Alfred Fehrenbacher aus. Fehrenbacher produziert bis heute Dual-Plattenspieler "Made in Germany" in der Schwarzwaldstadt St. Georgen, basierend auf den ursprünglichen Produktlinien von Dual.