Veröffentlicht: 16.3.2023
Herstellungsdatum: 1983
Autor: Karsten Hein
Kategorie: Gear & Review
Tag(s): Turntables
Ich muss gestehen, dass ich, als der Dual CS 630Q Anfang der 1980er Jahre brandneu in den Regalen der HiFi-Händler stand, wohl direkt an ihm vorbeigelaufen wäre, um die schlichter und trendiger aussehenden Technics-Geräte aus Japan zu bestaunen. Und der traurige Niedergang der Firma Dual, zusammen mit so vielen anderen deutschen Herstellern von Qualitäts-Audiogeräten zu dieser Zeit, lässt vermuten, dass ich mit meiner Einstellung nicht alleine war. Ganze 40 Jahre später sitze ich in unserem Studio und höre mir einen Dual-Plattenspieler nach dem anderen an, um dabei festzustellen, dass es völlig verblendet war, diese Geräte zu ignorieren. Doch, wie so oft in der Geschichte der Menschheit, sind wir, sprichwörtlich korrekt, erst im Nachhinein schlauer.
In den 1980er Jahren war ich ja noch ein Teenager, dessen Taschengeld über den Monat reichen musste. Meistens kam das Geld für HiFi-Geräte von meinem Vater. Zu dieser Zeit mochte ich meistens das, was auch meine Freunde in der Schule mochten und was ich mir leisten konnte. Und das war auch der Grund, weshalb ich als ersten Plattenspieler einen AL-F3 von JVC kaufte, einen vollautomatischen Direkttriebler der Massenproduktion, in schlichtem Schwarz, ein Gerät, das man heute in neuwertigem Zustand für 20 Euro bei ebay findet. Die Verkäufer des Dual hingegen verlangen in der Regel mindestens das Fünffache für ihr Gerät, unabhängig von dessen Zustand. Das Problem des Dual war, dass beide Plattenspieler Musik abspielten, und da die meisten Leute weder die Zeit, das Fachwissen noch die Ausrüstung hatten, um den Klang von Plattenspielern zu vergleichen, war der wahrgenommene Unterschied zwischen den Geräten bestenfalls eine Frage des Marketings.
Japanische Plattenspieler rühmten sich oft mit der neuesten Technologie, noch bevor überhaupt bewiesen war, dass diese den Zweck tatsächlich besser erfüllte als die etablierten Mittel. Der S-förmige Tonarm, die Plattenspieler-Automatik und die Direktantriebstechnik waren Fälle, in denen die deutschen Hersteller dem Hype nur sehr langsam folgten. Der ULM-Tonarm z.B. hatte auf den Dual-Plattenspielern hervorragende klangliche und rhythmische Eigenschaften. Er war leicht und sehr verwindungssteif, wodurch er einen sehr direktes Klangerlebnis bieten konnte, das sich in der musikalischen Wiedergabe eher natürlich anfühlte. Frühere Reibrad-Plattenspieler und einige ausgereifte Riemenantriebe konnten sehr wohl mit den neueren Direktantriebsmodellen konkurrieren und sind nicht nur in audiophilen Kreisen bis heute beliebte Klassiker geblieben. Und Automatik-Plattenspieler haben sich längst überlebt, denn moderne Decks haben oft nur noch einen einzigen Schalter, mit dem das Gerät gestartet und die Motordrehzahl eingestellt wird.
Während Dual und andere deutsche Hersteller in den 1980er Jahren scheinbar unterlegen waren, zeigte sich beim Anhören der alten Plattenspieler, dass sie immer noch eine ausgezeichnete Wahl waren, wenn es um ihre Musikalität ging, besonders wenn sie in einer gut eingestellten Anlage integriert wurden. Der hier vorgestellte Dual CS 630Q wurde meiner Tochter von ihrer zuvor verstorbenen Großtante zusammen mit einigen anderen Mid-Fi-Geräten vererbt. Dazu gehörten ein Dual CV 1260 Receiver (von Denon), ein Dual CT 1260 Tuner, der über einen 5-DIN-Stecker angeschlossen wurde, ein Denon DCD 660 CD-Player und zwei Canton GLX 100 Regallautsprecher, die das Ensemble vervollständigten. Und da die Geräte schon einige Jahre im Regal gestanden hatten, wollte ich die Gelegenheit nutzen, um sie routinemäßig zu überprüfen und auch in diesem Forum zu präsentieren.
Von diesen neuen Geräten interessierte mich der CS 630Q am meisten. Schließlich war ich bereits ein Fan des früheren und aufwändigeren Dual CS 721, für den ich eigens einen Walnuss-Sockel zur besseren Laufwerksisolierung gebaut hatte. Der CS 630Q sollte ein verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis bieten, gepaart mit einem moderneren Aussehen. Während die berühmten Technics-Plattenspieler mit einem sichtbaren Stroboskoplicht ausgestattet waren, das sich auf den schon ikonischen Punkten entlang des Plattentellerrandes spiegelte, verfügte der Dual über eine genaue LDC-Anzeige, die die Geschwindigkeit elektronisch mit zwei Stellen hinter dem Komma anzeigte. Die legendäre 4-Punkt-Aufhängung des Dual ruhte auf einstellbaren Spitzenlagern und stabilisierte den geraden ULM-Tonarm (Ultra-Low-Mass) sehr gut. Die Start-, Stop- und Lift-Tasten fühlten sich fest an und gaben ein gutes sensorisches Feedback, und mir gefiel auch die Tatsache, dass die Einstellung der Tellergeschwindigkeit auf dieselbe Weise erfolgte. Die Plattengröße wurde separat über einen Wahlschalter auf der rechten Seite des Tonarms eingestellt. Alles in allem scheint dies ein gut durchdachtes Design zu sein.
Moderne Nutzer mögen bemängeln, dass die Oberfläche des Players nicht eben war, sondern allerlei Erhebungen und Ritzen aufwies. Andererseits verliehen diese Eigenheiten dem CS 630Q seine niedrige Silhouette und sein wiedererkennbares Aussehen. Obwohl ich vielleicht nicht auf die Idee gekommen wäre, diesen Dual für mich selbst zu kaufen, gefiel mir sein Anblick, während er auf unserem behelfsmäßigen Audio-Sideboard mit unserem experimentellen System im Studio stand. Das HiFi-System bestand aus dem Vollverstärker Dual CV 1260 und unseren Epicure 3.0-Lautsprechern, die bereits gezeigt hatten, dass sie bei der Wiedergabe von einer CD-Quelle sehr gut harmonierten. Ich hatte einige Schwierigkeiten, die Abtastkraft der Nadel einzustellen, da die Automatikfunktionen bei der Ausführung der Aktion ständig aktiviert wurde: Wenn ich den Arm in Richtung Plattenteller bewegte, wurde der Motor gestartet, und wenn ich den Dual vom Stromnetz nahm, wurde der Arm automatisch angehoben. Es schien keinen Ausweg aus diesem Dilemma zu geben, und so musste ich den angehobenen Arm durch Nachführen der Waage einstellen, was wahrscheinlich nicht die genaueste Methode war.
Der Grund dafür, dass ich die Auflagekraft prüfen und einstellen wollte, war ein akustischer Fehler, den ich als Zischen auf den inneren LP-Spuren hören konnte. Das ursprüngliche ULM 66E-Tonabnehmersystem war unlängst durch ein Ortofon DN 166 E ersetzt worden, das immer noch einwandfrei zu funktionieren schien. Ich begann meine Erkundungen mit Fleetwood Macs 1977er Album Rumours, von dem ich die 2009er Pressung vorliegen hatte. Für ein Album aus den 70ern bot Rumours eine gute Aufnahmequalität sowie eine breite Palette von Songs, die sowohl klanglich als auch rhythmisch variierten. Als ich mir das Album zum ersten Mal mit dem CS 630Q anhörte, bemerkte ich auch ein Brummen, das nach einem Erdungsproblem klang. Ich untersuchte die Original-Cinch-Stecker und stellte fest, dass der Erdungsring korrodiert war. Die Originalstecker waren schon recht clever konstruiert, mit einem gebrochenen Außenring und einem gespaltenen Mittelzinken. Ich beschloss, sie durch ein paar anständige moderne Neutrik Rean zu ersetzen, die in Bezug auf ihre klangliche Tugenden weit weniger anspruchsvoll waren, abgesehen von ihrer fragwürdigen Vergoldung vielleicht.
Bei der Suche nach Nadeloptionen für den ULM/Ortofon-Tonabnehmer stieß ich auf die elliptische Nadel, die nun für etwa 75,00 EUR zu erwerben war, und fand dann das komplette Headshell mit Tonabnehmer und Shibata-Nadel für nur 14,00 EUR mehr. Für meine Tochter, die zum ersten Mal Schallplatten auflegte, würde die jetzige Nadel ausreichen, aber wenn ich diesen Plattenspieler hätte für mich behalten wollen, hätte ich mich für das Komplettpaket Ortofon OM PRO S SH4 bl hs entschieden, wie es u.a. auf der Thomann-Website beworben wurde. Vorerst stellte ich die Auflagekraft mit der Waage auf einer CD-Hülle neben dem rotierenden Plattenteller stehen auf 1,05g und das Anti-Skating auf etwa die Hälfte dieses Wertes ein. Ich bemerkte, dass der Ortofon-Tonabnehmer die Höhen zu dämpfen begann, wenn die Auflagekraft 1,25 g überstieg. Das ursprüngliche Zischen könnte dadurch verursacht worden sein, dass die Anti-Skating-Kraft die Abtastkraft überstieg, obwohl eigentlich das Gegenteil der Fall sein sollte.
Das Album Rumours von Fleetwood Mac begann genau richtig zu klingen, mit einer guten Portion Drive und Swing. Mir gefiel der Detailreichtum der elliptischen Abtastnadel, aber ich konnte auch ihre Grenzen in Bezug auf die Höhen hören. Je höher der Ton, desto mehr schien er sich mit anderen hohen Tönen in der Aufnahme zu vermischen. Das gab der Musik eher eine robuste und tanzbare Präsenz als ein audiophiles Erlebnis. Der Bass hingegen war straff und vielschichtig. Ich konnte ein gutes Gefühl für die verschiedenen Materialien des Schlagzeugs bekommen, das bei "Don't Stop Thinking About Tomorrow" von den anderen Instrumenten stets getrennt blieb. Gleichzeitig vermisste ich einige der wirklich tiefen Bassfrequenzen, die dem Gesamteindruck der Musik gut getan hätten.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Dual CS 630Q bereits über eine universelle Headshell-Halterung verfügte, gab es eine große Auswahl an Tonabnehmern für diesen Arm, die sich leicht austauschen ließen und mit denen man experimentieren konnte. Während die korrekte Einstellung von Tracking und Anti-Skating die Zischlaute auf den inneren Spuren verbesserte, ließen sie sich mit der vorhandenen Abtastnadel nicht vollständig eliminieren. Der Spurfehler des geraden Arms von 0,15° war, zumindest meiner Meinung nach, nicht groß genug, um das Ausmaß des Phänomens zu erklären. Und das war tatsächlich schade, denn "Songbird" gehörte zu meinen Lieblingssongs auf dem Album. Wenn ich doch nur darauf vertrauen könnte, dass unsere Kinder (und ihre Freunde (und die Freunde ihrer Freunde)) den Tonabenhmer vor Schaden bewahrten, wäre ich versucht gewesen, das Angebot des Ortofon SH4 anzunehmen.