Veröffentlicht: 3.7.2024
Herstellungsdatum: 1992
Autor: Karsten Hein
Kategorie: Gear & Review
Tag(s): Power Amplifiers
1993 war ich erst zarte 20 Jahre alt und hatte immer noch mit den Nachwehen des Umzugs meiner Familie aus White Plains, in den USA, in das Rhein-Main-Gebiet in der Nähe von Frankfurt zu kämpfen. Trotz der zahlreichen Umstellungen in Zusammenhang mit unserem Umzug, war es mir gelungen, meine Leidenschaft für das Thema HiFi weiter auszubauen, und so hatte ich mir bereits einen Transmissionline-Bausatz von einer heute nicht mehr existenten deutschen Manufaktur, namens Mainhattan Acoustic, aus Hainburg zugelegt. Deren Inhaber, Holger Müller, gründete einige Jahre später German Physiks, die inzwischen weltbekannte Firma für omnidirektionale Lautsprecher.
Die "Fidelity 425" war damals das zweitgrößte Modell von Mainhattan Acoustic und bestand aus einer 3-Wege-Kompaktbox, die in ein gefaltetes Transmissionlinegehäuse von etwa 2,40 m Gesamtlänge integriert war und von einem zusätzlichen Tieftöner mit 25cm-Papiermembran befeuert wurde. Obwohl der Lautsprecher in der Lage war, ultratiefen Bass zu erzeugen, war der Kickbass dieses 4-Wege-Designs allein auf die Fähigkeiten des 12cm-Mitteltieftöners beschränkt. Die Schaumstoffsicken beider Tieftöner lieferten ohnehin eine relative Interpretation von Bass und keine ultrahohe Präzision, es sei denn, die Lautsprecher wurden von einem sehr leistungsstarken Verstärker angetrieben.
Um dem Leistungsbedarf der Lautsprecher entgegenzukommen, verkaufte mir ein Freund eine gebrauchte Dynacord PAA 460-Endstufe mit 200 Watt RMS-Leistung an 8 Ohm. Doch die Musik kam erst richtig in Fahrt, als ich diese gegen eine Dynacord PAA 880 mit 360 Watt RMS-Ausgangsleistung eintauschte. Mit diesem kräftigen Antrieb klangen die Fidelity 425 so musikalisch wie echte Instrumente. Mein akustischer Eindruck von den Lautsprechern liegt nun schon zu lange zurück, um beurteilen zu können, wie sie mit dem audiophilen Standard, den ich heute gewohnt bin, mithalten könnten. Ich erinnere mich jedoch, dass ich von einer Nachbarin gefragt wurde, ob ich am Abend zuvor meine Kumpels zu einer Jamsession eingeladen hätte. Dies war nur ein Indiz dafür, wie perfekt die Musik für jemanden klang, der sie von der Straße aus hörte. (Roman Groß, der Non-Oversampling-Guru, u.a. mit Umbauten des Philips CD 104, unterstrich mit Tests dieser Art stets die Glaubwürdigkeit von HiFi-Systemen).
In unserer häuslichen Umgebung musste die Dynacord-PA-Endstufe selten mehr als 5 Watt Leistung pro Kanal erbringen, und der alternde Verstärker begann bald, wärmebedingte Kontaktprobleme zu entwickeln, durch die er sporadisch die Leistung auf einem der Kanäle verlor. Es erwies sich als schwierig, das Problem zu lokalisieren, und so beschlossen wir schließlich, die Dynacord durch eine aktuelle HiFi-Endstufe zu ersetzen. Ich erkundigte mich nach erschwinglichen Alternativen, und ein Freund stellte fest, dass der amerikanische Hersteller von Audiogeräten, Harman Kardon, gerade mit der Produktion einer neuen Reihe erschwinglicher Hochleistungs-Endstufen unter dem Markennamen Uher begonnen hatte. Der Name erinnerte an den renommierten deutschen HiFi-Hersteller der 1950er bis 1970er Jahre, der inzwischen nicht mehr in München ansässig, sondern zu einer reinen Handelsmarke geworden war, welche die Wolfgang Assmann GmbH aus Bad Homburg erworben hatte.
Da sich mein HiFi Kumpel ebenfalls für das neue Uher-Design interessierte, gelang es uns, bei einem örtlichen HiFi-Händler einen Rabatt von satten 20 % auf unsere Einkäufe zu erhalten. Das machte den ohnehin schon günstigen Verstärker für uns Schüler noch attraktiver. Ich holte meine UMA-1000-Endstufe in Friedberg ab und erinnere mich, dass ich von ihrem Gewicht überrascht war. In der Verpackung wog sie etwa 20 kg, was nicht viel weniger war, als das Gewicht der für den professionellen Einsatz gebauten Dynacord. Ich erinnere mich, dass die Endstufe anfänglich dünner und schwächer klang als die Dynacord. Wir Schüler wussten damals wenig über die Einspielzeit von HiFi-Geräten, was uns hätte helfen können, dieses Phänomen besser zu verstehen. Daher nahm ich einfach an, dass dies die natürliche Folge des Umstiegs von der professionellen Audiotechnik auf HiFi war.
Im Laufe der Monate gewöhnte ich mich jedoch an den Klang meiner Uher-Endstufe und vermisste meine alte Dynacord viel seltener. Die UMA-1000 klang voller und vermochte es, die Fidelity 425 recht solide anzutreiben. Tatsächlich wurde die Uher für mich fast unsichtbar. Da es wenig Falsches oder Spektakuläres an ihr gab, nahm ich sie einfach als selbstverständlich hin, schaltete sie nach der Schule ein und vor dem Schlafengehen aus. Ich hörte fröhlich Musik damit, bis ich aus dem Elternhaus in meine erste Studentenwohnung nach Bayreuth zog. Bei diesem ersten Umzug nahm ich noch meine komplette geliebte HiFi-Ausrüstung mit und bat meinen guten Freund Alexander Graham, mir zu helfen, die 35 kg schweren Lautsprecher und die 18 kg schwere Endstufe das enge Treppenhaus hinauf in meine kleine Studentenbude im dritten Stock zu tragen.
Als ich jedoch bald darauf erneut umziehen musste, beschloss ich, dass es für mich leichter wäre, meine gesamte Ausrüstung zu verkaufen. Und so fragte ich Alec, ob er daran interessiert sei, sie mir für einen kleinen Preis abzukaufen. Schließlich hatte er mir schon so oft damit geholfen, da war es nur fair, ihn zuerst zu fragen. Zusammen mit den Fidelity-Lautsprechern und dem Uher-Verstärker kaufte Alec von mir auch einen Yamaha C4-Vorverstärker und einen CD-Player der gleichen Firma. Und das Geld, welches ich von ihm bekam, investierte ich beim Bayreuther 'HiFi Point' in ein Denon F07 MiDi-System mit Kompaktlautsprechern. Ich erinnere mich, dass der Verkäufer ziemlich traurig schaute, als ich ihm beim Probehören der Anlage gestand, dass ich vor nicht allzu langer Zeit, als ich noch eine eigene Stereoanlage zu Hause hatte, einen viel besseren Klang gehört hatte als diesen. Das war im Jahr 1996.
Nach seinem Studium nahm Alec einen Job in Hamburg an und nahm seine Yamaha-, Uher- und Mainhattan Acoustic HiFi-Anlage mit. Und erst als wir im Sommer 2023 mit unserer Familie nach Marne zogen, lebten wir wieder in Reichweite voneinander. Bei unseren ersten Begegnungen ging es - Sie werden es erraten haben - um HiFi. Während wir uns Verstärker von Symphonic Line, B&K und Dynavox anhörten, erwähnte Alec, dass er noch die alte Uher UMA-1000 in seinem Keller hatte. “Gütiger Gott! Bringt sie mit!” war meine unmittelbare Reaktion. Ein paar Wochen später saßen Alec und ich in unserem Wintergarten und befreiten die 30 Jahre alte Uher-Endstufe von mehreren Staubschichten. Alec berichtete, dass er alle Lautsprecherschutzrelais ausgetauscht hatte, nachdem sie das Signal nicht mehr freigaben. Dies war, ganz nebenbei, der einzige Fehler, der sich im Laufe der Jahre bei dem Verstärker eingeschlichen hatte.
Wir schlossen die Uher zunächst an mein Tannoy-System an und stellten fest, dass das linke Kanalrelais von 'Speakers A' erneut korrodiert war und nicht ansprechen wollte. Wir wechselten deshalb den Anschluss auf 'Speakers B', und beide Kanäle spielten sofort Musik. Der Klang war klangvoll und natürlich, wie es für große amerikanische Verstärker üblich ist. Tatsächlich klang die UMA-1000 sogar besser, als ich dies in Erinnerung hatte. Diese Endstufe profitierte offensichtlich von der sorgfältigen Einrichtung meines HiFi-Systems und auch von der sorgfältigen Aufstellung der Lautsprecher. Dies waren Schlüsselfaktoren der Elektroakustik, von denen ich während meiner Studienzeit fast nichts verstanden hatte. Die Uher zeigte viel Bassdruck und Punch. Allein die Basskontrolle war nicht so eindrucksvoll wie bei den besten Endstufen, die ich gehört hatte. Uher gab den Dämpfungsfaktor der UMA nicht an, doch ich vermute, dass er weit unter 300 liegt. Sicherlich würde ein Kabel von niedriger Eigenkapazität, wie z.B. das Belden 9497, dazu beitragen, diesen Effekt zu minimieren.
Im direkten Vergleich mit meinem Symphonic Line RG9-Verstärker klang die Uher nicht ganz so schnell und agil, und manche Nuancen in den Höhen fehlten, selbst wenn ich meine leistungsfähigsten Cinch/RCA-Kabel in diesem Setup verwendete. Klaviertöne klangen etwas weniger durchdringend, und der jungenhafte Charme von Nick Cave konnte bei dieser Spielweise leicht unbemerkt bleiben. Allerdings war der Effekt weit weniger ausgeprägt als bei zahlreichen anderen Endstufen, einschließlich der weitaus berühmteren, aufwändigeren und teureren Harman Kardon Citation 21. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, wie gut ich doch meine Endstufe vor so vielen Jahren ausgewählt hatte. Die Doppeltransformatoren, die großen Elkos und der vollsymmetrische Aufbau der Uher gaben ihr hohe Energiereserven und ließen sie voll, präzise und mühelos klingen. Ohne einen direkten Vergleich mit Verstärkern, die ein Vielfaches ihres Preises kosteten, konnte ich mir durchaus vorstellen, mit diesem Gerät erneut völlig zufrieden zu sein.
Nach meiner heutigen Erfahrung, haben Harman/Uher ihr Versprechen eingelöst, ein hochwertiges Produkt zum Einstiegspreis zu liefern. Die UMA-1000 war die kleinste Endstufe der UMA-Serie und ist der lebende Beweis für diese damals neue Philosophie. Nach einigen Stunden Betrieb bei normaler Wohnzimmerlautstärke überprüfte ich die Gehäusetemperatur und stellte fest, dass die Endstufe oberhalb ihrer internen Kühlkörper kaum warm geworden war. Unsere 8 Ohm-Tannoys waren, für die sechs Ausgangstransistoren pro Kanal der Uher, eine leicht anzutreibende Last. Uher gibt die Mindestlastanforderung mit 4 Ohm an, was bedeuten könnte, dass die Endstufe bei komplexen Lasten und hohen Lautstärken an ihre Grenzen stößt. Nach den Temperaturwerten über den Kühlkörpern zu urteilen, hätte ich jedoch kein Problem damit, die UMA-1000 auch an unsere Martin Logan-Lautsprecher anzuschließen und sie bei moderater Lautstärke daran zu betreiben.