HMS Gran Finale

Veröffentlicht: 30.1.2022

Autor: Karsten Hein

Kategorie: Gear & Review

Tag(s): Speaker Cables

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HMS sind die Namensinitialen eines der Pioniere der audiophilen Musikwiedergabe. Die von Hans Martin Strassner entworfenen Verbindungs-, Netz- und Lautsprecherkabel waren oft der Höhepunkt einer langen Reise durch die Welt des Hifi. Die Hans M. Strassner GmbH mit Sitz in Leverkusen, Deutschland, begann als spezialisiertes Elektroniklabor, das Prüfgeräte für die deutsche Industrie entwickelte, bevor es 1993 seine eigenen Audiokabel produzierte. Die Herkunft aus Forschung und Entwicklung zeigte sich schon im Firmenclaim "Messtechnik für Forschung und Industrie", bevor dieser in den international eher verständlichen Namen "Kompetenz in Kabeln" geändert wurde.

Strassner glaubte an die Bedeutung der perfekten Abstimmung der Eigenschaften von Verstärkern mit ihre angeschlossenen Lautsprechern, um die best-mögliche Klangqualität zu erreichen. Und da Lautsprecherkabel mit der internen Verkabelung und der Frequenzweiche des Lautsprechers eine elektrische Einheit bildeten, konnte die Elektronik zur Anpassung am einfachsten dort platziert werden. Daher enthielten HMS-Lautsprecherkabel seit den Anfängen des Unternehmens im Jahr 1993 eine kleine Box mit Elektronik für die Anpassung zwischen Verstärker und Lautsprechern. Strassner machte nie ein Geheimnis aus den in seinen Produkten verwendeten Komponenten und lud die Fachpresse ein, Blicke ins Innere zu werfen. Und doch sind einige seiner Entwürfe unübertroffen und haben zu einer Reihe von gefeierten Nachfolgern in jeder HMS-Produktlinie geführt.

Das HMS Gran Finale wurde Mitte der 1990er Jahre auf den Markt gebracht und zeichnete sich durch Strassners “TOP-Match"-Technologie aus. Das hier vorgestellte Kabel gehörte zu den ersten jemals produzierten Gran Finales und wurde später von den Versionen "MKII" und "Jubilee" (2010) abgelöst, bei denen die verwendeten Materialien und Komponenten weiterentwickelt und optimiert wurden, sowohl in der Single- als auch in der Bi-Wiring-Version. Kürzlich wurde der Spitzenstatus des Gran Finale durch die Veröffentlichung des "HMS Suprema LS" geschmälert. Das sollte jedoch nicht heißen, dass es dem ursprünglichen Gran Finale-Version an Qualität oder Leistung mangelte. Zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung war das Kabel das Spitzenprodukt des Unternehmens und wies alles auf, was HMS von Kabeldesign verstand.

Zu den augenfälligsten Merkmalen des Kabels gehörten zwei Network-Boxen mit lackierten Kirschbaum-Flanken, hochwertige WBT-Kabelschuhe und Bananenstecker sowie eng anliegende, schwarz lackierte Ferritperlen, die perfekt auf dem Kabeln angeordnet waren. Die Kabelschuhe wurden mit den Klemmschrauben des Verstärkers verbunden, und die Bananas waren geteilt ausgeführt und konnten mit einer Mittelschraube gespannt und fixiert werden. Das Ergebnis war eine dauerhaft fest sitzende Verbindung, die auch gelegentlichem Ziehen standhielt. Jedes Kabel wurde zur Aufbewahrung in einem eigenen mit Schaumstoff ausgekleideten Koffer geliefert, was zur hochwertigen Haptik des HMS Gran Finale beitrug.

Ich installierte die HMS-Kabel in unserem Hauptsystem mit unserem Restek V1-Vorverstärker und einer H&S Exceptional-Endstufe an elektrostatischen Martin Logan SL3-Lautsprechern. Als Musikquellen dienten ein Sansui SR-525 Plattenspieler (mit AT-VM95 ML Tonabnehmer) und ein Rega Planet 2000 CD-Spieler. Alle Geräte wurden mit unseren Solid-Core Silberkabeln mit Kupfergeflecht-Schirmung und Silbersteckern verbunden. Bei dem HMS Gran Finale wurde die schaltbare TOP-Match-Box auf Seiten der Lautsprecher positioniert und die Bananas festgeschraubt. Da die Anpassung der Kabel-Charakteristik über zwei Schalter in der TOP-Match Box erfolgte, von denen wiederum jeder drei mögliche Schaltpositionen hatte, begann ich mein Hörerlebnis in der empfohlenen Startposition, in der beide Schalter auf Position 1 nach innen gestellt wurden.

Die Ferritperlen-Konstruktion des Gran Finale war ein Beweis für Strassners Überzeugung, dass alle Kabel, unabhängig von ihrer Länge, wie Antennen wirkten und neben den gewünschten Musiksignalen auch externe Störgeräusche übertrugen. Diese Beobachtung war besonders bedeutsam für die heutige Zeit, in der sich lokale Wi-Fi-Netzwerke mit allerlei digitaler und mobiler Kommunikation überlappen und auf diese Weise ein immer komplexeres Geflecht von Störungen auf vielen Ebenen und zu jeder Tageszeit erzeugten. Je hochfrequenter ein Rauschsignal war, desto wahrscheinlicher war es auch, dass es die Anstiegsrate eines Verstärkers überstieg und somit zu einer hörbaren Verstärkung des Musiksignals führte. Doch Ferritperlen verhinderten nicht nur hochfrequente Störungen von fernen Quellen, sondern schützten auch vor lokalen induktiven Einflüssen, wie sie von sich kreuzenden oder parallel verlaufenden Kabeln verursacht wurden. Und sie verringerten auch den Streustrom der Lautsprecherkabel selbst, um Signalverluste zu minimieren. Zur Verbesserung des Signalflusses im Inneren jedes Kabels verwendete Strassner Teflonperlen, die dazu dienten, Lufttaschen um den zentralen Leiter zu erzeugen und gleichzeitig die strukturelle Stabilität und Dämpfung zu erhöhen.

Mit beiden Schaltern auf die in der Bedienungsanleitung als “Position 1" benannte Einstellung gekippt, war mein erster Eindruck insgesamt positiv, aber noch nicht ideal. Der Klang war von Anfang an geschmeidig und keineswegs kantig oder unausgegoren. Die tonale Balance verschob sich in Richtung dunkel mit einem leichten Gefühl von Aufblähung in den Bassfrequenzen. Bei schnelleren Passagen, z.B. in Tony Bennetts und Diana Kralls Album "Love is Here to Stay", wechselten die Bässe zwischen aufgedickt und hölzern. Auch Stimmen klangen schwerer, als hätten die Sängerinnen und Sänger ein ganzes Leben lang exzessives Vaping betrieben. Klangfarben wirkten unnatürlich dicht und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass Hallfahnen unnötig kurz gehalten wurden. In dieser ersten Einstellung verspürte ich den ständigen Drang, die Lautstärke zu erhöhen, um mehr Nuancen zu hören. Ich schaute in der Bedienungsanleitung des Kabels und stellte fest, dass die “Position 1" für leicht anzusteuernde 2-Wege-Lautsprecher mit einer flachen Impedanzkurve und Verstärkern mit einem Dämpfungsfaktor von etwa 30:1 bis 100:1 konzipiert wurde.

Bei unserem System war nichts von alledem der Fall. Die elektrostatischen Treiber verhielten sich stattdessen wie Kondensatoren und hatten bei hohen Frequenzen eine Impedanz von unter 2 Ohm. Darüber hinaus lag der Dämpfungsfaktor der H&S Exceptional Endstufe bei beachtlichen 800:1. Ich begann, die Einstellungen der TOP-Match-Box zu erforschen, indem ich den Hebel A in die mittlere Position (Position 3 in der Bedienungsanleitung) schob und mich erneut zum Hören hinsetzte. Ich konnte eine leichte Verringerung der Schwülstigkeit im Bass feststellen. Stimmen klangen jedoch noch nicht so glaubwürdig, wie ich es gewohnt war. Nachdem ich alle möglichen Kombinationen getestet hatte, indem ich mich dabei ausschließlich auf die Stimmen von Tony Bennett und Diana Krall konzentrierte, stellte ich schließlich beide Schalter nach außen (“Position 2” in der Anleitung). Dann lehnte ich mich zurück und hörte mir das Ergebnis an.

Das HMS Gran Finale hatte zwar etwas von seinem (zunächst) beeindruckenden Tiefbass verloren, aber dafür spielte es jetzt einen schönen und äußerst präzisen Mitteltonbereich. Auch der Bass wirkte weit weniger akzentuiert als elegant. Transienten waren natürlich und es gab ausreichend sauberen Raum zwischen den Instrumenten. Die Musik malte natürliche Farben, und ich hatte nicht mehr das Bedürfnis, sie lauter einzustellen. Je länger ich zuhörte, desto mehr fiel mir auf, wie musikalisch diese Kabel geworden waren und dem tatsächlichen Musikereignis zunehmend aus dem Weg gingen. Die Bühne zeigte ein ausgezeichnetes Banorama von links nach rechts mit einem fokussierten, aber dennoch breiten Mittenbild. Während es der Bühne anfangs an Tiefe gefehlt hatte, entstand nun eine angenehme Interaktion mit dem Hörraum, die Tony Bennetts und Diana Kralls Jazz-Performance wirklich lebendig erscheinen ließ. Ich genoss es sehr, mit diesen Kabeln zu hören und sah mit Wehmut dem Tag entgegen, an dem ich sie an ihren Besitzer zurückgeben musste.

Dieses Gefühl von Wehmut war mir noch aus meinem Tests der Madrigal-Flachkabel (Mark Levinson) bekannt, die ein ähnliches Ergebnis erzielten, indem sie einer völlig anderen Philosophie folgten. Das Madrigal entstand aus der Idee, die Lautsprecher mit proportionalen Leiterbahnen auf der Verstärkerplatine zu integrieren. Zu diesem Zweck rollte es eine 50 mm breite und flache Kupferplatte aus. Das HMS Gran Finale ging stattdessen den Weg, die Kabel so abzuschirmen, als wären sie in das Metallgehäuse des Verstärkers integriert. Und trotz dass ich normalerweise ein großer Fan von Solid-Core-Kabeln war, führte die 1.000+ Litzen- und Geflechtkonstruktion des Gran Finale zu einem verblüffend ähnlichen Ergebnis. Obwohl die beiden Kabel zu den besten ihrer Art gehörten, würde ich wahrscheinlich das HMS gran Finale aufgrund seiner TOP-Match Anpassung, seinem unauffälligen Aussehen und der relativ einfachen Installation vorziehen.

Technische Daten

  • Widerstand (R): 10,4 mOhms pro Meter
  • Kapazität (C): 2 nF pro Meter
  • Induktivität (L): 84,6 nHenry pro Meter
  • Leitermaterial: sauerstofffreies Kupfer (OFC)
  • Leiter-Layout: 1.000+ Litzen pro Draht
  • Drahtdurchmesser: 4,14 qmm
  • Anschluss: WBT-Bananenstecker und Kabelschuhe
  • Länge: 2,50 m
  • Gewicht: 850 gr pro Kabel
  • Jahr: 1995 (ca.)
  • PDF: Betriebanleitung (original version)
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