Pioneer SX 850

26.4.2022

Autor: Karsten Hein

Kategorie: Gear & Review

Tag(s): Receivers

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Paionia Kabushiki-gaisha, ein japanisches Unternehmen, das im Folgenden schlicht als Pioneer bezeichnet wird, hat sich zum Erben einer langen Reihe herausragender professioneller und privater Elektronik entwickelt. Und obwohl Receiver nur einen kleinen Teil der Erfolgsgeschichte des Unternehmens ausmachten, dienten sie doch dazu, die Marke Pioneer in Europa und den USA bekannt zu machen. Pioneer wird manchmal nachgesagt, die berüchtigten Receiver-Kriege" während des Goldenen Zeitalters der Audiotechnik im Jahrzehnt von 1971 bis 1981 angezettelt zu haben.

Das "Goldene Zeitalter" der Audiotechnik wird manchmal als solches bezeichnet, weil die Verbraucher in dieser Zeit bereit waren, einen beträchtlichen Teil ihres Einkommens für kleine Fortschritte in der Hifi Technik auszugeben, was den Herstellern die finanziellen Mittel gab, langlebige Qualitäts-Komponenten zu verbauen, und ihnen die Freiheit einräumte, intensive Forschung zu betreiben, um die bestmöglichen Geräte zu bauen. Damals wurde der Markt noch von privaten und forschungsorientierten Unternehmen beherrscht, die um die Spitzenposition in den neu entstehenden Hi-Fi-Magazinen kämpften.

Pioneer war nur ein Beispiel für diese grundlegende Einstellung. Das Unternehmen, das sich im Besitz der Familie Matsumoto befand, konnte bereits auf eine dreißigjährige Erfahrung in der Herstellung von Audioelektronik zurückblicken, als es den SX 850 auf den Markt brachte. Das Konzept eines All-in-One-Geräts mit Tuner, Vorverstärker und Endstufe war ursprünglich in den 50er Jahren von der amerikanischen Harman/Kardon Corporation erfunden worden. Japanische Hersteller wie Marantz, Sansui und Pioneer zogen jedoch schon bald nach und machten Harman/Kardon in puncto Qualität, Leistung und vor allem Kosten Konkurrenz.

Obwohl sich in Japan eine starke Produktionsbasis für Receiver etablierte, wurden diese Geräte weiterhin hauptsächlich für die USA und Europa hergestellt und auch dort verkauft, da japanische Audio-Enthusiasten den Klang und die Vielseitigkeit separater Geräte dem kombinierten Angebot vorzogen. Kunden in den westlichen Ländern hingegen genossen die Tatsache, dass sie mit weniger als der Hälfte des Aufwands bereits nahe an die Leistung der Einzelgeräte herankommen konnten. Möglicherweise war es auch verkaufsfördernd, dass die meisten Empfänger über große beleuchtete Skalen und schicke Frontplatten verfügten, die den Akzeptanzfaktor zumindest bei westlichen Frauen erhöhten.

Die Kehrseite der Medaille war, dass Receiver in der Regel weniger Leistung boten als separate Verstärker. Zumindest war dies der Fall, bevor Pioneer, seinem Namen treu bleibend, den weltweit ersten echten 100-Watt-pro-Kanal Receiver herausbrachte. Dieser wurde sogar von der Federal Trade Commission (FTC) der Vereinigten Staaten zertifiziert, die den nationalen Audiomarkt zu regulieren begonnen hatte, weil Hersteller immer häufiger falsche Versprechungen bezüglich ihrer Geräte machten. Der 1974 auf den Markt gebrachte SX-1010 war das (damalige) Flaggschiff von Pioneer und übertraf die Leistung der Konkurrenz um fast 40 Watt pro Kanal. Leider jedoch war der Ruhm nur von sehr kurzer Dauer. Im August desselben Jahres zog das japanische Unternehmen Marantz mit seinem legendären Modell 2325 nach, das 125 Watt pro Kanal leistete. Die Receiver-Kriege hatten offiziell begonnen, und jeder Hersteller versuchte, die Konkurrenz in Sachen Klangqualität und Leistung zu übertrumpfen.

Der SX 850 fiel zwar auch in diese Zeit, aber seine bescheidenen 65 WPC an 8 Ohm zeigten, dass er in den laufenden Kriegsanstrengungen nicht zu konkurrieren versuchte. Man könnte dies aber auch als Vorteil sehen, denn nicht alle Monster-Receiver waren für den audiophilen Einsatz gut gerüstet oder hielten dem Zahn der Zeit stand. Für den täglichen Einsatz waren 65 Watt an acht Ohm (und 85 Watt an vier Ohm) durchaus in der Lage, die große Masse an herkömmlichen 2-Wege- oder 3-Wege Lautsprechern auf dem Markt zu betreiben. Und auch wenn die Receiver-Kriege später wahre Monster hervorbrachten, die sogar elektrostatische Lautsprecher und andere widerspenstige Konstruktionen antreiben konnten, war der SX 850 am besten für dynamische Lautsprecher mit mittlerer bis hoher Empfindlichkeit von 4-8 Ohm geeignet.

Das hier vorgestellte Exemplar wurde in den Wochen kurz vor unseren Hörtests in seinen ursprünglichen Glanz zurückversetzt. Die Schalter wurden im Ultraschallbad gereinigt, die Kondensatoren überprüft und bei Bedarf ausgetauscht. Die Relais wurden gereinigt und der Offset nach Werksnorm kalibriert. Die (ausfallgefährdeten) Originallleuchten wurden durch langlebigere LED-lämpchen ersetzt. Das Echtholzgehäuse wurde von Kratzern befreit und auf seinen ursprünglichen Glanz poliert. Um darüber hinaus die Anschlussmöglichkeiten zu verbessern, wurde eine Kaltgerätebuchse anstelle des originalen US-Kabels eingebaut und vier Bananen-/Spatenklemmen an der Position des Lautsprecherausgangs "A" hinzugefügt. Der SX 850 war in einen Zustand versetzt worden, der aktueller und klanglich besser als NOS war. Sein Aussehen und seine Haptik machten den Eindruck, als sei seit 1976 keine Zeit vergangen.

Die beeindruckende Breite und das hohe Gewicht des SX 850 hätten ihm einen auffallend prominenten Platz in jedem HiFi-Rack oder Möbelstück verschafft. Und die Bedienung der Knöpfe und Schalter fühlte sich eher wie in der Kommandozentrale eines U-Boots an als die Elemente eines gewöhnlichen Haushaltsradios. Tatsächlich war ich vom Gewicht und der Haptik des Pioneer so überrascht, dass ich mich gezwungen sah, das Gerät zu öffnen, um herauszufinden, woher dieser massive Eindruck stammte. Bei meinen Erkundungen konnte ich jedoch weder den großen Transformator noch das Holzgehäuse oder das Chassis als alleinige Ursache für das Gewicht und die solide Haptik bestätigen. Es war die Summe aller Qualitätsentscheidungen, die letztendlich zu dem Gewicht von fast 20 Kilogramm und der hervorragenden Steifigkeit dieses Geräts führten. Der 850 war sogar sieben Kilo schwerer als der Harman Kardon 730 mit seinen zwei Netzteilen.

Kürzlich überholte Geräte haben oft die Tendenz, etwas altbacken zu klingen, bis die neuen Komponenten ausreichend eingefahren sind, um Teil des großen Ganzen zu werden. Und es war für mich schwer zu sagen, in welcher Phase des Einlaufprozesses sich unser Exemplar tatsächlich befand und wie sehr mein Klangeindruck von diesem Zustand beeinflusst wurde. Da ich jedoch schon während der Einlaufphase zahlreicher Geräte anwesend war, fühlte ich mich ausreichend informiert, um verborgene Potenziale frühzeitig zu erkennen. Während sich manche Geräte in den ersten Wochen etwas leichtfüßig und kurzangebunden anfühlen, empfing mich dieser Receiver schon jetzt mit einer riesigen Klangbühne, die sich von ganz links bis ganz rechts erstreckte, einem soliden und verlässlichen Mittenbild und einem dichten und muskulösen Klang. Es war, als würde er mit einem breiten Pinsel malen.

Selbst direkt von unserer Restek V1 und Becker ST-200-Kombination kommend, konnte ich nicht anders, als mich von dem farbenfrohen und einnehmenden Klang der SX 850 anstecken zu lassen. Ähnlich wie beim Becker ging es beim Pioneer mehr um das Gefühl, Musikern beim Spielen ihrer Instrumente live zuzuhören, als darum, im hochpräzisen Mastering-Raum eines Aufnahmestudios präsent zu sein, vor allem bei instrumentalen Jazz-Passagen. Besen klangen überzeugend metallisch und behielten dennoch eine angenehme Weichheit. Diese Qualität hat mir bei Tony Bennett & Diana Kralls Album "Love is here to stay" sehr gut gefallen. Ebenso hatten sowohl Nylon- als auch Stahlgitarren ein natürliches Timbre mit angenehm weichen Höhen, wie ich beim Hören von José González' Album "Local Valley" feststellen konnte.

Der SX 850 verstand durchaus etwas von Musik und bot in Verbindung mit unseren Silver Solid-Core-Verbindungsleitungen und Belden-Lautsprecherkabeln die stampfende und dennoch luftige Basspräsenz einer Live-Veranstaltung. Auch wenn der Bass auch nicht besonders nuanciert, vielschichtig oder kontrolliert war, zog ich persönlich diese Art von "musikalischem" Bass dem sterilen Eindruck vor, den einige neuere Verstärker-Designs mit Dämpfungsfaktoren von weit über 200 hinterließen. In seinem jetzigen Zustand eignete sich der Pioneer perfekt für längere Hörsessions, selbst für Hörer, die hohe Ansprüche an ihre Audio-Unterhaltung hatten.

Sowohl männliche als auch weibliche Stimmen klangen üppig und vollmundig, jedoch stets mit einer Aura von leichter Zurückhaltung. Es war einfach nicht so viel Luft und Raum um die Sänger herum, wie ich es von unserer Restek & Becker Kombination gewohnt war. Bei den Sängern wurde ich das Gefühl nicht los, doch noch in einem Aufnahmestudio zu sitzen. Das soll nicht heißen, dass es etwas Unangenehmes an der Darstellung der Stimmen gab, sie klangen einfach weniger live als die übrige Musik und zeigten auch weniger Ausstrahlung als es seltsamerweise die Instrumente taten. Es schien mir, dass das Mittenband noch nicht so frei atmen konnte wie ein Teil des oberen und unteren Spektrums. Das mochte an der noch andauernden Einspielphase liegen, hätte aber auch durch die Konstruktion des Gerätes bedingt sein können. Letztlich war mir das aber egal, denn wenn man bedenkt, dass mein Benchmark die von mir favorisierte Kombination aus einzelnen audiophilen Geräten war, hatte der SX 850 schon eine wirklich beachtliche Leistung erbracht.

Für Audiophile, die auf der Suche nach einer klassischen Lösung für ihre Zweit- oder Drittanlage sind und die Kosten für eine (mittlerweile notwendige) Überarbeitung nicht scheuen, hat Pioneer sicherlich einige lohnenswerte Receiver aus dem Goldenen Zeitalter im Angebot. Und der SX 850 war sicherlich ein Exemplar, das mir persönlich ans Herz wachsen konnte. Sein farbenfroher und mitreißender Klang, seine überragende Musikalität und seine beeindruckende Bühnenbreite machten ihn zu einem liebenswerten Begleiter für lange und genussvolle Audio-Sessions. Ausgestattet mit zwei MM-Phonoeingängen mit exzellenter RIAA-Korrektur, zwei Tape-Monitoren, einem Mikrofoneingang und einem Kopfhörerausgang, war er für die meisten Anwendungen gut geeignet. Er verfügte sogar über einen sehr praktischen -20dB-Stummschalter, mit dem der Lautstärke-Bereich eingestellt werden konnte, um Geräte mit hohem Eingangspegel, hochempfindliche Lautsprecher oder beides zu bedienen.

Pioneer Unternehmensgeschichte

Das weltbekannte Elektronikunternehmen wurde von dem japanischen Erfinder und Unternehmer Nozomu Matsumoto gegründet. Der 1905 geborene Sohn einer Missionarsfamilie aus Kobe interessierte sich schon früh für Elektronik und gehörte zu den ersten, die das Potenzial von Musikaufnahmen erkannten, um die Emotionen der Menschen anzusprechen. Er war der Meinung, dass eine Erforschung des Themas der Förderung des christlichen Glaubens dienen könnte.

Daher gründete er 1936 den Vorläufer von Pioneer, die "Fukui Denki Shokai Seisakusho", was auf Englisch "Gospel Electric Works" bedeutet. Sein kleines Unternehmen nahm den Betrieb in seiner Heimatstadt Osaka auf und spezialisierte sich auf die Forschung und Entwicklung dynamischer Lautsprecher.

Matsumoto ließ sich von westlichen Unternehmen inspirieren, die immer noch führend in der Unterhaltungselektronik waren und diese nach Japan lieferten. Matsumoto hatte jedoch die Vision, diese Technologie zu einer japanischen Technologie zu machen, und 1937 kamen seine ersten Experimente mit der Einführung des A-8 zum Tragen. Es wurde zum ersten Großserien-Lautsprecher des Unternehmens und Matsumoto nannte ihn den “Pionier". Dieser Lautsprecher war der erste mit dem Omega-Zeichen und der “Stimmgabel", die später zum Markenzeichen des Unternehmens werden sollten.

Im Jahr 1938 verlegte Fukui Denki Shokai Seisakusho seinen Betrieb von Osaka nach Tokio, wo sich das wachsende Familienunternehmen auf den Bau und die Reparatur von Lautsprechern spezialisierte. Nozomu Matsumoto achtete darauf, seine Familie in den Betrieb mit einzubeziehen, und wurde dabei von seiner Frau Chiyo und seinen beiden Söhnen Seiya und Kanya tatkräftig unterstützt. Nach seinem Universitätsstudium übernahm Seiya die Bereiche Marketing und Vertrieb und wurde 1982 Präsident von Pioneer.

Das Unternehmen mit dem langen und schwierigen japanischen Namen änderte 1962 seine Marke in "Pioneer", um einen stärkeren internationalen Bekanntheitsgrad zu erreichen, und wurde zu einem der weltweit führenden Entwickler von zunächst Audio- und später auch Videogeräten. Pioneer leistete wichtige Beiträge zur Erforschung und Entwicklung von Lautsprechern, war die treibende Kraft bei der Entwicklung der Laserdiscs und neben Sony und Marantz eines der ersten Unternehmen, das CD-Player herstellte.

Pioneer blieb Matsumotos ursprünglichem Leitbild treu, das darin bestand, Audioprodukte zu entwickeln und herzustellen, die die Emotionen der Menschen ansprechen und fesseln sollten. Vielleicht war es diese Fokussierung auf das wahre Wesen des Hörens, die dem Unternehmen bis heute eine treue Anhängerschaft beschert hat.

Technische Daten

  • Typ: AM/FM-Empfänger aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
  • Abstimmbereich: FM, MW, AM
  • Ausgangsleistung an 8 Ohm: 65 WPC
  • Ausgangsleistung an 4 Ohm: 85 WPC
  • Frequenzgang: 10 Hz bis 50.000 Hz (+0 dB, -1 dB)
  • Harmonische Gesamtverzerrung: 0,1% @ 8 Ohm
  • Dämpfungsfaktor: 25
  • 2 Phono-Eingänge: 2,5 mV, 50 kOhms (MM)
  • Eingangsempfindlichkeit: 150mV, 100 kOhms (Line)
  • Mikrofon-Empfindlichkeit: 6,5 mV
  • Signal-Rauschabstand: 70dB (MM), 90dB (Line)
  • Signalausgang: 150mV (Line), 30mV (DIN), 1V (Pre out)
  • Bassregler (100 Hz): ±10 dB
  • Höhenregler (10 kHz): ±10 dB
  • Lastimpedanz der Lautsprecher: 4 Ohm (Minimum)
  • Halbleiter: 3 x FET, 3 x IC, 56 x Transistoren, 36 x Dioden
  • Abmessungen: (B) 52,7 cm x (H) 17,3 cm x (T) 41,15 cm
  • Gewicht: 19,1 kg
  • Zubehör: FM T-Antenne
  • Land der Herstellung: Japan
  • Jahr(e): 1976
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