NAD M-10 Streamer-Verstärker

10.12.2022

Autor: Karsten Hein

Kategorie: Gear & Review

Tag(s): Receivers

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Frei aus dem Englischen übersetzt. Hier geht’s zum Original .

Wenn ich an audiophilen Hörgenuss denke, ist meine erste Assoziation eine sorgsam aufgebaute Stereo-Anlage, einschließlich mindestens einer Röhrenstufe, mit achtsam platzierten Lautsprechern in einem speziellen Hörraum. Ich stelle mir vor, dass der Hörplatz ein gleichseitiges Dreieck mit den Lautsprechern bildet und dass ein Hochfloor-Teppichboden dazwischen liegt, der das akustische Gegengewicht zu einer hohen Decke bildet. Ich sehe mich selbst in dieser Position und verstehe, dass die absolute Perfektion des Klangbildes und der Tonalität nur von einem Zuhörer gleichzeitig genossen werden kann. Und obwohl dies leicht als eine egoistische Vorstellung angesehen werden könnte, kann ich Ihnen versichern, dass es in den meisten Haushalten nur eine einzige Person gibt, die sich für dieses Thema überhaupt interessiert und die bereit ist, ein HiFi-System auf diese Weise einzurichten. Audiophile sind eine seltene Spezies, und um die richtige Klangbalance zu erreichen, braucht man jahrelange Erfahrung.

Als ich unseren Nachbarn Alexi zum ersten mal traf, war ich überrascht, als ich erfuhr, dass er eine Reihe von HiFi-Komponenten erworben hatte, die speziell dafür entwickelt worden waren, mit diesen Regeln zu brechen. Seine Duevel Planets-Lautsprecher zum Beispiel waren von omnidirektionaler Bauweise und verwendeten zwei glatte Kugeln, um den Klang rundherum in den Raum abzustrahlen. Dieses Konzept ermöglichte es den Zuhörern, von verschiedenen Hörpositionen im Raum aus einen gleichbleibend realistischen Bühneneindruck zu erhalten. In meinem Testbericht zu den Lautsprechern bestätigte sich der Vorteil, da sich auf diese Weise das Musikerlebnis von mehr als einem Zuhörer, sozusagen als gemeinsames Event, genießen ließ. Denn auch wenn das jeweils weniger anspruchsvolle Familienmitglied vielleicht nicht so viel Wert auf die technischen Details aus Klangbühne und Tonalität legte, war die Möglichkeit, an dem Erlebnis teilzuhaben, dennoch eine deutliche Verbesserung des Status Quo.

Die zweite Komponente, die mit etablierten audiophilen Regeln brach, war Alexis DAD M-10 Musik-Streamer und Verstärker. Der kompakte NAD-Verstärker, der erst 2019 auf den Markt kam, bot eine kontinuierliche Musikleistung von 100 Watt pro Kanal an einer 8-Ohm-Last. Er wog etwa 2,5 Kilo und war mit einem großen LCD-Display ausgestattet, welches die gesamte Vorderseite des Geräts bedeckte. Alexi hatte die Schutzfolie noch nicht abgezogen, was auf den Fotos auch leicht zu erkennen ist. Es gab keine sichtbaren Tasten oder Leuchten, außer dem beleuchteten NAD-Logo auf der Oberseite des Geräts, das den Betrieb signalisierte. Ein unaufdringlicheres und weniger prätentiös aussehendes Gerät hätte es wohl kaum geben können. Und da ich selbst große und schwere Einzelkomponenten gewohnt war, konnte ich mir nicht sicher sein, was ich von diesem modernen Design zu erwarten hatte.

Bei meinen ersten Besuchen im Haus von Alexi klang die Kombination aus M-10 Streamer-Verstärker und Duevel-Lautsprechern eher dünn und unorganisiert. Als ich die Duevels später in unserem Hörraum und an unserer Anlage (Röhrenendstufe, etc.) testete, war diese Schwäche verschwunden. Ich hatte das Gefühl, dass der NAD-Verstärker daran Schuld gewesen sein könnte, und gab Alexi unsere Tannoy XT 8f-Lautsprecher zum Testen mit. Im Gegensatz zu den Duevels klangen die Tannoys in Alexis Haus nun basslastig und übermäßig wuchtig. Als ich mir den Hörraum ansah und über meine Erkundungen zum Thema Raummoden nachdachte, erkannte ich, dass mit großer Wahrscheinlichkeit die Raumabmessungen für den wiederholt unausgewogenen Klang verantwortlich waren. Im Gegensatz zu unserem hundert Jahre alten Gebäude mit hohen Decken und gemauerten Wänden hatten viele moderne Häuser niedrigere Decken mit offenen Küchen- und Wohnräumen, in denen unter anderem harter Beton verbaut wurde.

Niedrige Decken in großzügigen Räumen, die mit Betonwänden gepaart waren, machten die Aufstellung einer guten Stereoanlage fast unmöglich, da sie eine unvorteilhafte Kombination aus hohen und tiefen Frequenzen im Raum hervorriefen, was einen unharmonischen, topfig-klingenden Eindruck erzeugen konnte. Wir alle kennen diesen Effekt, wenn wir uns beispiesweise ein Pfeifen, Singen oder Klatschen in einer Tiefgarage oder in einem Fußgängertunnel unter Bahngleisen vorstellen. Zusätzlich zu diesen Eigenschaften erlaubte es uns auch das notwendige Mobiliar im Raum nicht, die Duevels oder Tannoys frei an ihren akustisch idealen Plätzen aufzustellen. Ohne es zu wissen, hatten Alexi und ich den perfekten Raum gefunden, um das volle Potenzial des NAD M-10 zu erkunden, der mit einer Dirac Live-Raumkorrektur ausgestattet war. Wir beschlossen, die Sache ernst zu nehmen und vereinbarten einen Termin, um Alexis System richtig auf den Raum anzupassen.

Am Tag unserer Erkundung packte ich mein bestes Manfrotto-Stativ ein, das es uns ermöglichen würde, das Mikrofon in den exakten Positionen aufzustellen, die von der Kalibrierungssoftware vorgegeben waren. In der Zwischenzeit hatte ich auch gelesen, dass Dirac bereits in den 1990er Jahren als ein Forschungsprojekt der Gruppe 'Signale & Systeme' an der Universität Uppsala in Schweden seinen Anfang genommen hatte. Das Ziel des damaligen Forschungsprojekts war es, die Welt des Klangs durch digitale Nachbereitung zu verbessern. Den Forschern war nämlich unlängst bekannt, dass so gut wie alle Komponenten eines Soundsystems auch zu einer Veränderung des Klangs beitragen und dass der Hörraum unweigerlich eine dieser Komponenten ist. Die vom Forschungsteam der Universität Uppsala entwickelten neuartigen Algorithmen führten schließlich mit dem nötigen Kapital zur Gründung des Unternehmens Dirac Audio im Jahr 2001. Heute findet sich die Dirac-Raumkorrekturtechnologie in Audiogeräten von zahlreichen bekannten Herstellern der Branche: Arcam, Dynaudio, Emotive, Focal, Integra, JBL & Lexicon von Harman, Marantz, Monoprice, NAD, Onkyo, Pioneer, Quadral und Rotel, um nur einige zu nennen.

Alexi lud das letzte Update der Dirac-Software auf seinen Laptop, und wir stellten das Stativ und das Mikrofon in Alexis bevorzugten Hörposition auf dem Sofa auf. Wir begannen unsere Analyse mit Dirac, indem wir ein paar Frequenzsweeps durchführten. Die daraus resultierende Grafik zeigte einen Tieftonhöcker bei 80-90 Hz. Sie zeigte aber auch, dass alle übrigen Bassfrequenzen ungleichmäßig reagierten, mit einer Senke bei 40 Hz und einer Spitze bei 50 Hz. Am anderen Ende des Spektrums folgte einem leichten Buckel zwischen 6-10 kHz ein steiler und auch sehr früher Lautstärkeabfall ab 12 kHz. Nach unsere ersten Messungen bestückten wir acht benachbarte Mikrofonpositionen, die einen dreidimensionalen Käfig um die zentrale Hörposition bildeten, indem das Mikrofon 50 cm diagonal in jede Richtung verschoben wurde. Dirac führte an jeder Position eine Reihe von Sweeps durch. Das sehr flexible Stativ ermöglichte es uns dabei, jede erforderliche Position genau zu treffen.

Nachdem alle neun Positionen eingemessen worden waren, führte Dirac die Werte zusammen und schlug die optimale digitale Anpassung der Frequenzkurve von 19 Hz bis 500 Hz vor. Der NAD M-10 hätte auch noch die Berechnung für das höhere Frequenzspektrum durchführen können, allerdings hätte Dirac für diesen Service 100 EUR zusätzlich verlangt. Da die Tannoys ganz offensichtlich unter einem dröhnenden Bass gelitten hatten, beschlossen wir, uns das Ergebnis der Basskorrektur erst einmal anzuhören. Alexi übertrug die neue Kurve auf den M-10 und wir hörten uns einige derselben Lieder an, die wir auch vor der Korrektur gehört hatten. Eine Verbesserung war sofort deutlich hörbar. Der zuvor wummernde Bass war einem gut definierten, kontrollierten und nuancierten Bassverlauf gewichen. Infolgedessen war Diana Kralls Stimme lauter, klarer und klanglich präziser als zuvor. Was blieb, war das Gefühl, dass der Musik einige wichtige hohe Frequenzen fehlten. Das hatte zur Folge, dass die Aura um die Instrumente herum fehlte und die Musik noch etwas schal und leblos klang.

Obwohl wir mit dem Ergebnis durchaus zufrieden waren, hätten wir beide gerne auch die Korrektur der oberen Frequenzen ausprobiert. Dennoch beschlossen wir, dies auf einen späteren Tag zu verschieben. Selbst mit der reinen Bassfrequenz-Korrektur war der NAD M-10 schon in der Lage, den großen Nutzen der professionellen Raumkorrektur unter räumlichen Gegebenheiten zu demonstrieren, die eine akustisch ideale Aufstellung der Lautsprecher aus welchen Gründen auch immer nicht zuließen. Ich konnte die positiven Auswirkungen auf die Bass- und Stimmwiedergabe deutlich heraushören und hätte zum ersten Mal in dieser Position sitzend gerne noch länger der Musik gelauscht. Es gab eine Vielzahl neuer Qualitäten in der Musik, die ich zuvor in diesem Raum vermisst hatte. Ich genoss den tieferen und strafferen Bass, der frei von unerwünschten Resonanzen im gesamten Hörraum war.

Algorithmen zur Raumkorrektur sind immer dort sinnvoll, wo Raum und Lautsprecher unvorteilhaft miteinander in relation stehen. Und das kommt in privaten Haushalten und Räumen mit gemischter Nutzung deutlich öfter vor als man gemeinhin annehmen sollte. Der NAD M-10 bietet im Zusammenspiel mit Dirac eine zwar nicht gerade günstige jedoch sehr effektive Methode, um das eigene HiFi-System mit dem Hörraum zu versöhnen. Insofern bieten die beiden Hersteller NAD und Dirac gemeinsam vielen musikbegeisterten Menschen einen Mehrwert, die sich ohne die Möglichkeit der Raumanpassung mit einem eher mittelmäßigen Klangergebnis zufrieden geben müssten.

Technische Daten

VERSTÄRKER

- Kontinuierliche Ausgangsleistung: 100W (4-8 Ohm)

- Frequenzbereich: 20 - 20.000 Hz (±0,6 dB)

- Harmonische Verzerrungen:  <0,03 % (20 Hz - 20 kHz)

- Signal-Rauschabstand: >90 dB

- Übersteuerung (8/4 Ohm): 130/230 W (@ 1 kHz, 0,1 % THD)

- Dynamische Leistung (8/4 Ohm): 160/300 W

- Dämpfungsfaktor (8 Ohm): > 190:1

- Höhenanpassung: ±6,0 dB @ 20 kHz

- Bassanpassung: ±6,0 dB bei 60 Hz

- Kanaltrennung: >75 dB (1 kHz)

- Eingangsempfindlichkeit Line: 1,0 V

- Digitaler Eingang: -6,2 %FS

- Stromaufnahme im Standby: 0,5 W

DAC

- Audio-Formate: MP3, AAC, WMA, OGG, WMA-L, ALAC, OPUS

- Hi-Res Audio: MQA, DSD, FLAC, WAV, AIFF

- Abtastrate: 32 Bit/192 kHz PCM (max.)

- Bittiefen: 16 - 24

BLU-OS

- Unterstützte Betriebssysteme: Microsoft Windows XP, 2000, Vista, 7, 8 bis zu aktuellen Windows-Betriebssystemen und macOS-Versionen

- Mobile Betriebssysteme (BluOS): Kostenlose Android und iOS App

- Unterstützte Cloud-Dienste: Spotify, Amazon Music, TIDAL, Deezer, Qobuz, HDTracks, HighResAudio, Murfie, JUKE, Napster, Slacker Radio, KKBox, Bugs

- Kostenloses Internet-Radio: TuneIn Radio, iHeartRadio, Calm Radio, Radio Paradise

- Bluetooth-Standard: Bluetooth aptX HD (integriert)

- Bluetooth-Konnektivität: bi-direktional, Empfang und Kopfhörer

- Netzwerk-Konnektivität: Gigabit Ethernet RJ45, 802.11 b/g/n WiFi

WEITERES

- Abmessungen: (B)215 mm (H)100 mm x (T)260 mm

- Gewicht: 2,5 kg

- Land der Herstellung: N.N.

- Jahr(e): 2019-2020

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