Kenwood Basic M2 Sigma Drive

14.1.2023

Autor: Karsten Hein

Kategorie: Gear & Review

Tag(s): Power Amplifiers

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Es war noch kein Jahr her, dass ich den würdevollen Kenwood KR-9400 Receiver aus den 70ern mit seiner edlen Frontplatte aus gebürstetem Aluminium und massiven Aluminiumtasten, die allesamt in einem verschraubten Metallrahmen untergebracht waren, getestet hatte. Vor diesem Hintergrund erschien mir das Black-Box-Design des Kenwood ‘Basic M2’ mit seinem dünnen, gebogenen Blechgehäuse aus Mitte der 1980er Jahre eine ziemliche Enttäuschung. Sein ästhetisch reduziertes, leichtgewichtiges Design teilte der M2 mit den meisten Konkurrenzprodukten seiner Zeit. Denn, während nur zehn Jahre zuvor die Innovation noch in der Verarbeitung und Montage der Teile lag, ging es in dieser nächsten Phase der High Fidelity vor allem darum, die Elektronik im Inneren der Geräte zu optimieren, um die Unzulänglichkeiten früherer Schaltungskonzepte zu beseitigen.

Die 1980er Jahre waren aber auch die Zeit erbitterter Preiskämpfe. Da immer mehr Unternehmen im unteren und mittleren Preissegment mit Geräten auf den Markt drängten, die die Grundbedürfnisse des Durchschnittsverbrauchers preisgünstig erfüllten, mussten auch die Material- und Versandkosten etablierter Marken sinken. Kenwood war eine solche etablierte Marke, und so bot das M2 Basic Chassis satte 100 Watt pro Kanal mehr als der KR-9400-Receiver und wog zugleich fünf Kilo weniger. Fünf Kilo Nettoeinsparungen bei Material und Transportgewicht machten sicherlich einen erheblichen Unterschied in der Kostenplanung eines Unternehmens, welches Tausende, wenn nicht gar Millionen, von Einheiten jedes Produkts verkaufen konnte.

Was die Bewertung von Vintage-HiFi-Geräten anging, so führten die kostenbewussten modernen Konstruktionen oft zu einer raschen Wertminderung, wenn die Garantiezeit des Herstellers abgelaufen war. Dies bedeutete jedoch nicht zwangsläufig, dass dadurch auch die Klangqualität selbst beeinträchtigt war oder dass die inneren Schaltkreise den geringen Marktwert der Chassis widerspiegelten. Tatsächlich waren die 1980er Jahre immer noch eine Zeit der HiFi-Innovationen, und der Sigma Drive der M2-Endstufe stellte eine völlig neue Lösung für die uralte Herausforderung dar, den dynamischen Rückstrom, der vom Lautsprecher zum Verstärker floss, besser zu bewältigen. Anstatt einen ultraniedrigen Innenwiderstand zu bieten und die Signaldämpfung bei einer theoretischen Last von 8 Ohm bei 1.000 Hz zu messen, berücksichtigte der Sigma Drive die tatsächliche Rückkopplung der Lautsprecher, unabhängig von der wiedergegebenen Frequenz und unter Berücksichtigung der realen Last.

In der von Kennwood mitbegründeten Tradition hochpreisiger High-End-Endstufen verwendete die Basic M2 für jeden Stereokanal ein eigenes Netzteil. Dies diente dazu das Grundrauschen zu senken, indem das Übersprechen zwischen den Kanälen eliminiert wurde. Die beiden schweren Transformatoren wurden auf der linken Seite der Endstufe platziert, was zu einer eher ungleichmäßigen Gewichtsverteilung im Gerät führte. Die Hauptplatine mit den zwei großen Kondensatoren pro Kanal befand sich in der Mitte des Geräts und mündete in der Leistungstransistor-Sektion in einem großen Kühlkörper und einem großen Lüfter auf der rechten Seite. Im Hausgebrauch würde der Lüfter keine große Rolle spielen, doch für Besitzer, die ihre M2 mit voller Leistung betreiben wollten, bot der Lüfter ein wichtiges Sicherheitsnetz welches das Überleben der schnell schaltenden Transistor-ICs sicherte.

In der Basic M2 kamen zwei Transistor-IC-Paare zum Einsatz: ein Satz DAT1521P / DAT1521N und ein Satz DAT1018P / DAT1018N, allesamt schnell schaltende 5-Pin-Leistungs-MOSFETs der Firma Sanken. Insbesondere bei der Sorte DAT1018P/N kam es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Lieferengpässen, die eine Reparatur der Endstufensektion erschweren konnten. Die Wahl von schnellschaltenden ICs gab dem Basic M2 eine größere Resistenz gegenüber hochfrequenten Rückkopplungen, die andernfalls eventuell die Anstiegsgeschwindigkeit des Verstärkers überschritten hätten. Die neu entwickelte Sigma-Antriebsschaltung profitierte dabei ebenfalls von der Wahl schneller ICs.

Der Sigma Drive wurde entwickelt, um das physikalische Verhalten eines dynamischen Treibers und den daraus resultierenden unvorhersehbaren Rückstrom in die Schaltung des Verstärkers zu integrieren, indem die daraus resultierende Abweichung (Verzerrung) direkt am Lautsprecheranschluss überwacht und in eine reine Stromvariation umgewandelt wurde. Da der Endstufenausgang einen Spannungsüberschuss darstellte, führte die Fähigkeit, die Spannungsabweichung durch adaptive Dämpfung auf Null zu reduzieren, zu einer sehr niedrigen harmonischen Verzerrung von nur 0,004 %, gemessen über alle Frequenzen. Die effektive Rückstrom-Dämpfung wurde mit über 1000:1 über das hörbare Spektrum hinaus bewertet. Mit dem damals neuartigen Sigma Drive führte Kenwood eine neue Dimension der Rauschunterdrückung ein, welche die Audio-Presse der 1980er Jahre für einige Zeit in Atem hielt.

Kenwood war nicht der einzige HiFi-Hersteller, der versuchte, den Umgang mit Gegenstrom zu verbessern. Yamaha führte "RO Control" bei seinen B-4- und A-9-Verstärkern ein, Aurex nannten ihre Version "Clean Drive", und Fidelix bezeichneten ihr Konzept als "Remote Sensing NFB". Keine dieser Technologien ging jedoch so weit wie die von Kenwood, die eine Messung des gesamten Lautsprechers von den Schwingspulen bis zum Lautsprecherkabel ermöglichte. Dies hätte Kenwood die Oberhand bei der Erzielung der genauesten Messwerte verschafft, wären da nicht ein paar Probleme gewesen, die mit der Verwendung von zwei Kabelpaaren zwischen Endstufe und Lautsprecher zusammenhingen, die auf eine wenig intuitive Weise angeschlossen werden mussten.

Damit die Sigma Drive-Schaltung ihre Wirkung entfalten konnte, mussten zwei Kabelstränge zwischen dem Verstärker und jedem Lautsprecher angeschlossen werden. Neben den üblichen roten und schwarzen Anschlussklemmen pro Kanal gab es also zwei weitere Anschlussklemmen am Verstärker, die als Sigma Sensor gekennzeichnet waren. Die zweite Reihe von Kabeln führte daher von den Sensor-Anschlüssen, völlig entgegen der Intuition, zu den gleichen Anschlüssen an den Lautsprechern. Unter normalen Umständen würde ein solcher Anschluss einen Kurzschluss erzeugen, nicht jedoch beim M2. Um die Sache noch weiter zu komplizieren stand diese Funktion nur für die A-Lautsprecher zur Verfügung, nicht aber für die B-Lautsprecher. Das bedeutete, dass Besitzer gerade dieser Endstufe ihre Bedienungsanleitungen sorgfältig lesen mussten, um diese nicht falsch anzuschließen und damit zu zerstören. Beim erstmaligen Anschließen des Verstärkers bat ich deshalb meine Frau, mir über die Schulter zu schauen und darauf zu achten, dass alle Anweisungen in der Bedienungsanleitung befolgt wurden.

Bei korrektem Anschluss bot der recht leistungshungrige Basic M2 einen geräumigen und sauberen Klang, der in echter Kenwood-Manier tonal reichhaltig und leicht dunkel war. Zwischen unserem Dynaco PAS-4 Vorverstärker und den elektrostatischen Martin Logan SL-3 Lautsprechern angeschlossen, klang die Musik eher beruhigend und üppig als aufregend oder scharf. Dies war eine Endstufe für leichte Unterhaltung und nicht für analytisches Hören. Für eine Endstufe dieser Größe und dieses Kalibers war ich überrascht, wie viel Kontrolle sie über den Fluss der Musik und über den Rhythmus hatte. Wo der Kenwood-Receiver übermäßig begierig darauf gewesen war, gleich die ganze Geschichte auf einmal zu erzählen, schien sich die Basic M2 zurückzuhalten, gelegentlich bis zu dem Punkt, an dem sie stampfend und schleppend wirkte. Das mochte daran gelegen haben, dass die Transienten sehr kurz gehalten wurden, und es konnte dem Musikgeschehen manchmal den Fluss nehmen.

Im Allgemeinen war ich mit der Leistung der Basic M2 zufrieden. Angeschlossen an eine schwierige Last wie unsere Martin Logan SL-3, konnte die Kenwood ihre Fähigkeiten im Umgang mit Gegenstrom wirklich zeigen. In Kombination mit den beiden Sätzen von OFC-Lautsprecherkabeln, die ich zum Testen des Sigma Drive zur Verfügung hatte, würde ich zögern, diese Endstufe als audiophile zu bezeichnen. Es war jedoch gut möglich, dass eine andere Kombination von Kabeln, Vorverstärker und Lautsprecher zu einer völlig anderen Erkenntnis geführt hätte. In ihrer tonal reichhaltigen und dunklen Spielweise, folgte die Kenwood der bevorzugten Klangsignatur amerikanischer Kunden jener Zeit und bot somit für deutsche Kunden einen willkommenen Kontrast zu den etablierten europäischen Marken.

Technische Daten

  • Typ: Stereo-Leistungsverstärker
  • Besondere Merkmale: Hohe Dämpfung, Sigma Drive
  • Ausgangsleistung (8 Ohm): 2x 220 WPC
  • Ausgangsleistung (4 Ohm): 2x 324 WPC
  • Frequenzgang: 1Hz bis 200kHz (-3 dB)
  • Gesamte harmonische Verzerrung: < 0.004%
  • Dynamischer Headroom: 1,5 dB (8 Ohm)
  • Dämpfungsfaktor: 1000:1
  • Transistor-ICs: Sanken DAT1521P/N, DAT1018P/N
  • Transistortyp: 5-Pin, Power MOSFET
  • Anstiegszeit: 1,8 uS
  • Anstiegsrate: 100 V / uS
  • Eingangsempfindlichkeit: 1,0 V / 47 kOhm
  • Signal-Rausch-Abstand: > 120dB
  • Lastimpedanz der Lautsprecher: 4 bis 16 Ohm
  • Leistungsaufnahme (max.): 1.350 Watt
  • Abmessungen: (B) 440mm x (H) 158mm x (T) 373mm
  • Gewicht: 15,5 kg
  • Land der Herstellung: Japan
  • Jahr(e): 1983-1985
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