Snell Acoustics Type C IV

Veröffentlicht: 30.8.2021

Herstellungsdatum: 1983

Autor: Karsten Hein

Kategorie: Gear & Review

Tag(s): Loudspeakers

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Frei aus dem Englischen übersetzt. Hier geht’s zum Original .

Ich hörte die C IV-Lautsprecher von Peter Snell zum ersten Mal im Esszimmer eines Wiesbadener Stadthauses spielen und war sofort von der realistischen Wiedergabe der Club-Atmosphäre von Christian McBrides Album "Live at the Village Vanguard" angetan. Der große Raum hatte eine Deckenhöhe von fast 5 Metern und war spärlich möbliert, wobei ein massiver Esstisch mit Stühlen die Mitte des Raumes dominierte. Die Lautsprecher wurden weit von den Wänden entfernt aufgestellt, etwa zwei Meter von der Vorderwand und 1,5 Meter von jeder Seite. Angetrieben wurden die Lautsprecher von einer Dynaco ST70 Röhrenendstufe. Alles in ihrem Klangbild - Tiefe, Breite, Resonanzen - deutete darauf hin, dass wir dem tatsächlichen Ereignis lauschten und nicht einer Aufzeichnung davon. Ich konnte förmlich den Geruch von schalem Bier und kalten Zigaretten riechen.

An diesem Tag lernte ich zwei Dinge: Das ultimative Ziel von HiFi lag nicht in tieferen Bässen oder höheren Höhen, auch nicht in klarerem Klang oder größerer Dynamik, sondern in der Summe aller musikalischen Bestandteile, um das wahrhaftige Ereignis wiederzugeben. Und zweitens: Der Raum und die Aufstellung der Lautsprecher spielten eine sehr große Rolle dabei, die Illusion einer echten Darbietung Wirklichkeit werden zu lassen. Und wenn wir sie erst einmal erlebt hatten, wenn sich diese Vision in unserem Kopf festgesetzt hatte, war es sehr schwierig, noch etwas anderes zu akzeptieren. HiFi-Neulinge und Hifi Anlagen für Einsteiger legten nahe, Musik zu sezieren, statt auf Homogenität über das gesamte Spektrum zu achten. Daten statt Gefühle - das war auch die Botschaft, die von der Fachpresse vermittelt wurde. Daher suchten Neuankömmlinge der Szene auch eher nach den technischen Daten ihrer Geräte, als auf den richtigen Klang zu achten. Man konnte sich ein Leben lang mit HiFi beschäftigen und trotzdem nur wenig Ahnung davon haben, worum es dabei eigentlich ging.

Man konnte wohl mit Fug und Recht behaupten, dass der Dynaco ST70 Röhrenverstärker eine wichtige Rolle bei der Nachbildung des authentischen Ereignisses spielte. Jedoch weder die Wattzahl dieses Verstärkers noch die Kanaltrennung, der Dämpfungsfaktor, der Rauschabstand usw. gaben Aufschluss über die Realitätsnähe, zu der dieser Verstärker fähig war. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass ich in einer Welt, die sich auf Zahlen und Fakten stützt, fast 50 Jahre und einige wiederholte Anstöße von audiophilen Kollegen brauchte, um endlich in der Lage zu sein, eine Aufführung zu hören und zu verstehen, die den Begriff "High Fidelity" verdient, d. h. so nah wie möglich am Original zu sein. An diesem Tag fühlte sich "Live at the Village Vanguard" wirklich live an. Das veranlasste mich dazu, die Schallplatte auch selbst zu kaufen und eine Rezension darüber zu schreiben. Und es weckte auch mein Interesse an den C IV-Lautsprechern.

Snell Acoustics wurde 1976 in Haverhill, Massachusetts, gegründet und machte sich schnell einen Namen mit dem Verkauf von audiophilen Lautsprechern zu vernünftigen Preisen. Der Kundendienst war außergewöhnlich, denn Peter Snell war ein Perfektionist und sorgte dafür, dass jeder seiner Lautsprecher mit einer Abweichung von weniger als 0,5 dB pro Chassis den Spezifikationen entsprach. Dasselbe galt für alle Ersatzteile, die das Unternehmen verschickte, oft noch viele Jahre nach dem ursprünglichen Kaufdatum. Audiophile Hörer sind ein kleiner und intimer Kreis, und gerade Hersteller von preiswerten Lautsprechern profitierten oft von der Mundpropaganda und schaffen es, eine langjährige Beziehung zu ihren dankbaren Kunden aufzubauen.

Die 1983 auf dem Markt erschienene Type C-Serie war einer der letzten Lautsprecher, die vom Firmengründer selbst entworfen wurden. Peter Snell starb im folgenden Jahr an einem Herzinfarkt in seiner Fabrik. Trotz der Abwesenheit des ursprünglichen Eigentümers entwickelte sich das Unternehmen weiter und schloss sich 1990 mit Lucasfilm zusammen, um seine erste Serie von THX-Lautsprechern zu entwickeln. Im Jahr 2003 stieß der damals schon bekannte Joe D'Appolito als Chefingenieur zu Snell hinzu. Im Jahr 2005 wurden Snell und Boston Acoustics dann von D&M Holdings aufgekauft, zu denen auch Denon, Marantz und McIntosh gehörten, und Snell baute bis 2010 weiterhin Lautsprecher. Während seines Bestehens stand der Lautsprecherhersteller für einen hervorragenden Kundenservice, klanglich akkurate akustische Designs und große Aufmerksamkeit für technische Details.

Die Typ C IV-Serie soll damals stark von den Methoden und Messphilosophien des National Research Council (NRC) mit Sitz in Ottawa, Kanada, beeinflusst worden sein. Typische Merkmale von Lautsprechern, die in Zusammenarbeit mit dem NRC entwickelt wurden, sind steile Flanken der Weichen, ein breites Abstrahlverhalten, ein sanftes Off-Axis-Verhalten und ein besonderes Augenmerk auf die Interaktion eines Lautsprechers mit natürlichen Hörräumen. Die C IV hatte eine Flankensteilheit vierter Ordnung und einen äußerst geradlinigen Frequenzgang, der auch außerhalb des 90-Grad Abstrahlwinkels nur wenig variierte. So wurde z.B. ein hinterer Hochtöner hinzugefügt, um den zunehmend schmalen Abstrahlwinkel des vorderen Hochtöners bei hohen Frequenzen zu kompensieren. Dieser konnte bei Bedarf mit einem Kippschalter abgeschaltet werden, um kleineren Hörräumen gerecht zu werden. Die C IV sind mit einem Abdeckstoffrahmen ausgestattet, den das Unternehmen "Zero Diffraction" nannte. Die Idee war, den Holzrahmen des abnehmbaren Grills flach um die Vorderseite des Lautsprechers zu ziehen, um den Abstand zwischen Stoff und Treibern zu minimieren und Brechungen zu verringern.

Der zusätzliche Hochtöner auf der Rückseite kam bei etwa 6.000 Hz mit einer Flanke erster Ordnung zum Einsatz. Er trug zur Energie des vorderen Hochtöners bei sowie dazu, dass der Bühneneindruck sowohl breit als auch tief war. Je nach Abstand und Material der vorderen Wand des Raums konnte der zusätzliche Hochtöner jedoch eine gewisse Schärfe verursachen. Um die Lautsprecher noch besser auf den Raum auszurichten, konnte auch der vordere Hochtöner der C IV reguliert werden. Alternativ ließ sich der hintere Hochtöner mit einem Schalter auf der Rückseite komplett abschalten. Um die Fähigkeiten der C IV voll auszunutzen, sollte sie in einem großen Raum mit ca. 1,20 m Abstand zur Vorderwand und etwas Abstand zu den Seiten aufgestellt werden. So aufgestellt, unterstützte der hintere Hochtöner die Illusion, dass sich die Musik von der Quelle löste und die Lautsprecher selbst unsichtbar wurden. Eine leichte Eindrehung in Richtung Hörplatz half, den Bühneneindruck zu korrigieren. Ich muss gestehen, dass ich es angesichts der besonderen Form unseres Raumes als schwierig empfand, die Bühne so perfekt hinzubekommen, wie ich sie bei der Aufstellung der Lautsprecher im Wiesbadener Stadthaus gehört hatte, aber ich kann sagen, dass ich dem Ergebnis ziemlich nahe kam.

Bei eingeschaltetem hinterem Hochtöner und richtigen Abstand zu den Wänden erzeugte die C IV eine breite und offene Bühne. Mit aufgesetzter Abdeckung erzeugten sie im Nahbereich angenehm weiche Höhen. Das war für meine Hörposition wichtig. Wer jedoch in einem Abstand von 3 Metern oder mehr zu den Lautsprechern saß, musste mit einem gewissen Höhenabfall rechnen und sollte lieber ohne das Tuch hören. Trotz des Versprechens von Snell "Zero Diffraction" zu produzieren war der Unterschied zwischen offenem und geschlossenem Grill deutlich hörbar. In unserem Hörraum produzierten die C IV offene und weiträumige Höhen und einen natürlichen und voll integrierten Bass. Die Lautsprecher klangen tonal akkurat und gaben die Musik angenehm und voll wieder, mit großartigem Timbre der unteren Klaviertasten. Auch die höheren Klaviertasten waren ausreichend präsent, allerdings fehlte ihnen im direkten Vergleich etwas die Attacke unserer elektrostatischen Lautsprecher oder sogar unserer neueren Tannoys. Männliche Stimmen klangen natürlich mit einer leichten Tendenz zur Ausdünnung, wenn der hintere Hochtöner eingeschaltet war (z.B. Nick Cave). Bei weiblichen Stimmen trat derselbe Effekt auf (Nora Jones, Come Away with Me), vor allem bei der Wiedergabe von Musik aus digitalen Quellen.

Siehe auch: Snell Acoustics Type C IV Audio Demo

Die Snells zeigten eine überzeugende Gesamtdynamik und waren aufgrund ihres großen Basstreibers und der Bassreflex-Konstruktion in der Lage, die Lautstärke schnell ansteigen zu lassen. Bereits bei einer Lautstärke von 75 dB berichtete meine Frau, dass sie sich von der Musik ziemlich überwältigt fühlte und lieber weiter weg von den Lautsprechern gesessen hätte. Es war das erste Mal, dass sie sich auf diese Weise über einen Lautsprecher äußerte. Ich denke, dass der Effekt durch eine Kombination aus dem Klangeindruck und dem doch ziemlich imposanten Design des Lautsprechers verursacht wurde. Weit im inneren des Raum aufgestellt, 120 cm hoch und 40 cm breit, mit schwarzem Korpus und dunkler Bespannung war das physische Erscheinungsbild schon ziemlich intensiv.

Technische Daten

  • Typ: Dynamischer Vier-Treiber-Lautsprecher
  • Chassis: 10"-Tieftöner; 5"-Mitteltöner; 1"-Hochtöner vorne; ¾"-Hochtöner hinten
  • Übergangsfrequenzen: 275Hz; 2,7kHz (@24dB/Oktave)
  • Nennimpedanz: 8 Ohm
  • Empfindlichkeit: 88,5 dB
  • Abmessungen: (B) 37 cm; (H) 117 cm; (T) 30 cm
  • Gewicht: 39 kg
  • Baujahr: 1983-1991
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