Veröffentlicht: 11.5.2022
Herstellungsdatum: 1973
Autor: Karsten Hein
Kategorie: Gear & Review
Tag(s): Loudspeakers
Obwohl die Marke unter heutigen Hi-Fi-Enthusiasten weitgehend in Vergessenheit geraten ist, gibt es nur wenige Namen im Bereich des Vintage-Hi-Fi, die das audiophile Herz höher schlagen lassen als der von Epicure. Das Unternehmen konzentrierte sich bei der Entwicklung von Lautsprechern auf natürliche Tonalität und Abbildung und ging bei der Verfolgung dieses Ziels oft sehr eigene Wege. Ihr Gründer, Winslow Burhoe (ein ehemaliger Lehrling bei Audio Research), begann mit einem 2-Wege-Konzept, das er schlich “Modul” (eng. module) nannte, und entwarf eine ganze Reihe von Lautsprechern auf dieser Grundlage. Das Epicure "Model 20" zum Beispiel verwendete zwei Sätze des Moduls, die umgekehrt angeordnet waren, um eine Art Dipol zu bilden und den Eigenschaften einer Live-Bühne näher zu kommen. Die Idee war, die vordere Wand des Hörraums als akustische Ebene mit einzubeziehen. Ein ähnliches Design wurde auch bei den EPI-Lautsprechern "M 201" verwendet. Diese frühen Exemplare fanden in der Audiowelt großen Anklang und zielten eher auf das gehobene Marktsegment ab.
Die EPI 500 gehörten zu den ersten Epicure-Lautsprechern, die mit dem traditionellen Moduldesign brachen. Anstatt auf dem bewährten 2-Wege-Prinzip von Epicure zu basieren, waren die EPI 500 klassische 3-Wege-Turmlautsprecher mit spezialisierten Treibern, für die hohen Töne, die kritische Mitten und die Bassfrequenzen. Obwohl die EPI 500 im Grunde ein geschlossenes Gehäuse haben, erweiterten sie ihr Gehäusevolumen mit Hilfe von zwei passiven Radiatoren, von denen jeweils einer an jeder Seitenwand der Lautsprecher angebracht war. Diese dienten zur Absorption der nach innen gerichteten Energie des Tieftöners und unterstützten ihn im Bereich der Tiefton-Erweiterung. Passivradiatoren sind in der heutigen Zeit wieder bekannt geworden, da sie den Bluetooth-Geräten von JBL, Bose usw. eine beträchtliche Basserfülle verleihen. Während bei anderen Hochtönern die Kalotten nach außen gewölbt sind, machte sich Winslow Burhoe einen Namen, indem er invertierte Frontplatten verwendete, die dem Hochtöner hornähnliche Druck- und Richtcharakteristiken verliehen. Der Hochtöner unseres Exemplars gehörte zur zweiten Generation der luftgepolsterten, ölgedämpften Konstruktion, was das wahrscheinliche Baujahr unseres Paares in die Mitte bis Ende der 1970er Jahre datierte.
Ich erwarb unsere EPI 500 von einem privaten Verkäufer in Nürnberg, der sie wiederum einige Jahre zuvor gekauft hatte, um damit seine umfangreiche Vinylsammlung zu genießen. Nachdem wir aber auf dem Weg nach Nürnberg Probleme mit dem Motor unseres Autos hatten, kam ich dort ziemlich verwirrt an, dachte ständig über meine riskante Heimreise nach und konnte mich daher nur schwer auf die Musik und Lautsprecher konzentrieren. Wir hörten uns zwei oder drei Lieder an, ich hielt mein Ohr kurz an die Treiber, um nach möglichen Nebengeräuschen zu suchen, die dort nicht hin gehörten, und stellte fest, dass sie noch gut funktionierten. Ich bemerkte, dass einer der Mitteltöner einen leichten Geruch nach verbranntem Spulenharz aufwies, aber da ich keine kratzenden Geräusche feststellen konnte, beschloss ich, dem Urteil des Verkäufers zu vertrauen, dass er selbst keine Mängel an den Lautsprechern festgestellt hatte. Epicure-Lautsprecher waren bekannt dafür, dass sie lange durchhalten, es sei denn, sie wurden über längere Zeiträume hinweg übermäßig gefordert. Die etwa 40 Jahre alten Tieftöner sahen aus, als wären sie mindestens einmal neu konfektioniert worden, und ich war erleichtert zu sehen, dass diese Arbeit mit Sorgfalt ausgeführt worden war.
Als ich sie für die Rückfahrt nach Frankfurt ins Auto hievte, stellte ich fest, dass sie trotz ihrer für Tower-Lautsprecher bescheidenen Größe erstaunlich schwer waren, und ich war dankbar für die helfende Hand ihres Vorbesitzers. 250 Kilometer Entfernung können aus der Perspektive eines defekten Autos, das schwarze Dieselabgase aus dem Heck bläst, sehr lang erscheinen. Wie man sich vorstellen kann, nutzte ich die Zeit, um verschiedene Szenarien durchzuspielen, wie ich das Fahrzeug mit den Lautsprechern noch an diesem Tag in Richtung Heimat abschleppen lassen könnte. Doch trotz allem gelang es mir, die Rückfahrt in den letzten Zuckungen des Motors zu beenden und die Lautsprecher zu entladen, bevor ich unser Fahrzeug schließlich zur Reparatur bringen konnte. Das war der klare Beweis für mein andauerndes Bekenntnis zur Sache. Aber ich war auch überzeugt, dass die Epicures nicht weniger verdient hatten.
Als ich schließlich nach Hause zurückkehrte, um die EPI 500 zu untersuchen, stellte ich fest, dass sie über ein zusätzliches Merkmal verfügten, das mir schon zu Beginn meiner Nachforschungen aufgefallen war und das ich dann aber irgendwie vergessen hatte: Es gab einen fest verschraubten Holzsockel, der einen geschlossenen akustischen Rahmen unter dem Gehäuse bildete. Dadurch wurden die Lautsprecher um etwa 8,6 cm vom Boden angehoben. Der Sockel war notwendig, um den Hochtöner auf Ohrhöhe zu bringen, aber er verhinderte auch, dass die Lautsprecheranschlüsse den Boden berührten. Es mag eine Reihe von Gründen für die Positionierung der Klemmen unter dem Lautsprecher gegeben haben, z. B. um die Rückseite der Lautsprecher sauberer aussehen zu lassen, um die Anbringung einer unsichtbaren Unterflurverkabelung zu ermöglichen oder einfach, um die Resonanzen des Gehäuses ungehindert nutzen zu können. Als ich meine Hand an die Seiten- und Rückwände der EPI 500 hielt, konnte ich spüren, dass deren Gehäuse so konstruiert waren, dass sie Resonanzen auf natürliche Weise in ihre Klangsignatur miteinbezogen, anstatt sich gegen interne und externe Schwingungen zu stemmen, wie es bei modernen Konstruktionen der Fall ist.
Zu verstehen, wie die EPI 500 mit Eigenresonanzen umging, war für die richtige Aufstellung und Integration in den Raum entscheidend. Da jedoch das gesamte Gehäuse und die Radiatoren auf einmal in Bewegung gesetzt wurden, war mir auch klar, dass der Erfolg nicht einfach sein würde. Ich musste mich in die Lage der Konstrukteure versetzen und mir die wahrscheinlichste Umgebung vorstellen, die sie sich für ihre Lautsprecher vorgestellt hatten. Diese klang wahrscheinlich anders als unser schickes Büro mit weißen Hochglanzmöbeln und spärlichem Teppichboden. Glücklicherweise unterschied sich die Architektur unseres Gebäudes nicht allzu sehr von der eines typischen amerikanischen Hauses der 1970er und 80er Jahre, denn unser Raum befand sich unter dem Dach des Gebäudes und bestand aus schlecht isolierten Holzbalken, die mit Gips- und Sperrholzplatten beplankt waren. Dies würde höchstwahrscheinlich dazu beitragen, einen Teil der überschüssigen Bassenergie zu absorbieren. Ich besprach die Angelegenheit auch mit meinem audiophilen Freund Luigi, der mich daran erinnerte, dass der Sockel wahrscheinlich mit Blick auf amerikanische Hochflorteppiche entworfen worden war.
Der Sockel der EPI 500 hatte ein kleines Loch and der Rückseite, das einen Halbkreis zum Boden hin beschrieb, und durch das man das Lautsprecherkabel führen sollte. Um zu verhindern, dass der Sockel den Boden berührte, hatten einige Vorbesitzer kleine Gummipuffer von 1 mm Dicke und 20 mm Breite in alle vier Ecken geklebt. Ich wusste nicht, ob dies nun eine gute Idee gewesen war oder nicht und beschloss, die Lautsprecher zunächst in diesem Zustand anzuhören. Unser Testsystem bestand aus dem Vorverstärker Restek V1 mit aufgerüstetem Kassel Netzteil und der Endstufe B&K ST-140. Als Quellen verwendete ich unseren Technics 1310 Plattenspieler und den Marantz CD-17 Player mit Cambridge DAC. Die Verbindungskabel waren aus massivem Silber, und das Lautsprecherkabel war unser preiswertes, aber effektives Belden 9497. Dies war eine HiFi-Anlage, der ich in Bezug auf die klangliche Integrität vertrauen konnte, nachdem ich jede der Komponenten in vielen verschiedenen Konstellationen gehört hatte. Natürlich war ich neugierig darauf, was die EPI 500 zur klanglichen Ausgewogenheit beitragen oder von ihr wegnehmen würden.
Auf dem Hartholzboden mit den 1 mm dicken Gummiplättchen klangen die Lautsprecher dumpf und leblos. Ich fühlte mich gezwungen, die Hochtöner einer Sichtprüfung zu unterziehen, um zu sehen, ob sie vielleicht doch beim Transport beschädigt worden waren. Sie sahen in Ordnung aus. Ich stellte auch fest, dass der Boden in unserem Büro nicht ganz eben war, so dass der Sockel nicht auf allen Seiten fest genug auflag. Wie ich erwartet hatte, konnten die kleinen Pads weder eine definierte Ankopplung noch eine Entkopplung vom Boden garantieren. Irgendwie taten sie beides, und diese Verwirrung war deutlich hörbar. Um mehr über die Situation zu erfahren, kratzte ich die Pads ab und stellte die Lautsprecher direkt auf den Boden. Da sich nun Holz auf Holz stapelte, wurde der gesamte Boden zu einem Resonanzkörper, und der resultierende Klang war übermäßig hölzern und matschig. Um mit der umgekehrten Richtung zu experimentieren, stellte ich dann unsere ultra-harten Metallkugel-Absorber von Aucharm unter den Sockel. Dadurch wurden zwar die Höhen akzentuiert, dafür aber klangen die EPI 500 jetzt zu analytisch und es fehlte ihnen an Bass.
In diesem Stadium konnte ich bereits hören, dass die Lautsprecher ein gewisses Potenzial hatten und dass die optimale Lösung die richtige Mischung aus Dämpfung und Stabilität bieten musste. Um dies zu ermöglichen, kleidete ich die Unterseite des Sockels zum Boden hin mit Filz aus. Das verbesserte zwar die Tonalität, aber ich hatte immer noch Probleme mit der Abbildung, was möglicherweise auf den leicht unebenen Boden zurückzuführen war. In meinen Versuchen, wie sich dieses Problem beheben ließ, fügte ich drei 5 mm dicke und 40 mm breite Filzkissen hinzu: zwei auf jeder Vorderseite und eines auf der Rückseite. Das Loch für das Lautsprecherkabel war für eine Mittige Anbringung im Weg, aber ich beschloss, dass ein paar Zentimeter außerhalb der Achse für die hintere Stütze keine Rolle spielen würden. Dann setzte ich mich hin und stellte erleichtert fest, dass sich Klangbild und Tonalität deutlich verbessert hatten. Die EPI 500 produzierten einen vollen und offenen Klang, der auch tonal sehr reichhaltig war. Der Kontrabass auf dem Album "Turn up the quiet" von Diana Krall hatte jetzt viel Schwung und Dimension. Noch nicht zufrieden war ich mit der Darstellung von Dianas Stimme, die weicher und weniger durchsetzungsfähig dargestellt wurde, als ich es sonst gewohnt war. Das Anbringen eines zweiten Filzkissens auf der gegenüberliegenden Seite des Kabellochs auf der Rückseite brachte etwas Abhilfe. Möglicherweise war der verbesserte Klang auf die optimierte Balance zwischen Vorder- und Rückseite der Lautsprecher zurückzuführen.
Bei der Positionierung der Lautsprecher stellte ich fest, dass sie gut funktionieren, wenn sich die Mündung der Treiber in einem Abstand von 109 cm zur Vorderwand des Hörraums befand. Diese Platzierung sollte auch in den meisten anderen Hörsituationen möglich sein. Der Abstand zwischen den Lautsprechern betrug knapp zwei Meter, gemessen von Achse zu Achse, und mein Hörplatz befand sich ebenfalls in etwa zwei Metern Entfernung, gemessen in der Diagonale. Ich fand, dass die Hoch- und Mitteltöner am besten funktionieren, wenn die Ausgangsachse des Hochtöners mindestens ein Drittel hinter der Hörposition lag, anstatt direkt auf den Hörer gerichtet zu sein. Ich stellte fest, dass diese Aufstellung bei vielen Lautsprechern am angenehmsten ist, aber das kann auch nur an meinem eigenen Hörgeschmack liegen.
Bei dieser Aufstellung fand ich, dass die EPI 500 sehr natürliche und informative Mitten boten. Ihre Fähigkeit, viele Nuancen und Schichtungen in diesem Klangsegment zu enthüllen, hätte sie sofort zu einem Liebling audiophiler Hörer gemacht. Allgemeiner ausgedrückt: Die Fähigkeit der Epicure, die Resonanzen ihres Gehäuses und die passiven Strahler in die Musikwiedergabe einzubeziehen, machte sie zu einem ausgezeichneten Begleiter für natürliche Instrumente, wie sie in Jazz, Folk, Country Music usw. vorkommen. Ich bemerkte jedoch auch, dass die offensichtlichen Stärken der Mitten sich nicht automatisch in einer hervorragenden Darstellung von Stimmen niederschlugen. Aus meiner Sicht konnte unsere moderne Tannoy XT8F im Mitteltonbereich noch einen Tick mehr an Glaubwürdigkeit bieten. Ich hätte noch weitere Tests durchführen müssen, um herauszufinden, ob die Stimmen durch den Einbau von massiven Stahlplatten zwischen Sockel und den Filzpolstern verbessert werden könnten, um die Stabilität zu erhöhen. Ich hatte das starke Gefühl, dass eine verbleibende strukturelle Instabilität zum Boden hin hier die Schuld tragen könnte.
In Foren hatte ich gelesen, dass Hörer, die an Tinitus leiden, über Ermüdung im Zusammenhang mit Epicure-Lautsprechern klagten. Dieses Phänomen mag mit einer fehlerhaften Ankopplung an den Boden, mit hochfrequenten Einstreuungen, aber auch mit der Form des Inverted-Dome-Hochtöners selbst zu tun haben. Mir ist aufgefallen, dass dieser einen leichten Kompressionseffekt erzeugt und dadurch die Musik in den Höhen recht dicht erscheinen lässt. Ich habe auch festgestellt, dass ich dazu neigte, Musik lauter zu hören, als ich es mit unseren anderen Lautsprechern getan hätte. Es war leicht, sich beim Hören mit diesen Lautsprechern mitreißen zu lassen, wie ich z.B. feststellte, als ich unsere 2009er Pressung von Fleetwood Macs 1977er Album Rumours" auflegte. Ich genoss es einfach, die intensive tonale Fülle zu hören, die ich vorher manchmal vermisst hatte.
Im Vergleich zu meinen ersten Experimenten mit der EPI 500 hatte sich die Basswiedergabe jetzt verdreifacht, so dass damit ich den realistisch vollen Klang und den befriedigenden Punch eines exzellenten Tower-Lautsprechers erleben konnte. Die Abbildung war exzellent, mit einem natürlich breiten und unangestrengten Centerbild. Die Musik war gut verteilt: von vorne nach hinten und von links nach rechts. Stimmen waren immer noch ein wenig süß und weich, aber die Bedeutung dieses Aspekts wird sich erst auf lange Sicht zeigen. Meiner Erfahrung nach sollten die EPI 500 sowohl von einem 20-Watt-Röhrenverstärker als auch von kräftigen Transistorverstärkern problemlos angetrieben werden können. Das richtige Einstellen hatte etwas Zeit in Anspruch genommen, aber der zusätzliche Aufwand war durchaus lohnenswert. Der Aspekt, der mir vielleicht am besten gefiel, war ihre Fähigkeit, eine Jazz-Club-Atmosphäre mit frei atmenden, natürlichen Bässen zu schaffen - aber ohne den Geruch von kalten Zigaretten und abgestandenem Bier.