HiFiMAN HE-400i

14.1.2022

Autor: Karsten Hein

Kategorie: Gear & Review

Tag(s): Headphones

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Die beliebte chinesische Marke "HiFiMAN" wurde von Fang Bian in New York gegründet. Sie ging aus einer früheren Firma namens "Head-Direct" hervor, die als Webshop und Head-Fi-Sponsor fungierte. Zu den ersten Produkten von HiFiMAN gehörte der HE-5 Planar-Kopfhörer, der bereits im Gründungsjahr 2007 auf den Markt kam. Innerhalb relativ kurzer Zeit wurde die neue Marke HiFiMAN für Produkte bekannt, die eine hervorragende Klangqualität und fortschrittliche Technologie zu erschwinglichen Preisen boten. Im Jahr 2014 wurden die sehr erfolgreichen Kopfhörer HM-802, HE-560 und HE-400i veröffentlicht. Die Design-Philosophie von Fang Bian, die sich auch in seinem HE-400i Planar-Magnet-Kopfhörer wiederfand, basierte lose auf den sehr viel teureren und bis dahin schon legendären elektrostatischen Stax-Kopfhörern. Allerdings stand das planar-magnetische Prinzip nie in einem echten Wettbewerb mit den bekannten klanglichen Vorzügen von Stax.

Um die Produktionskosten zu senken, errichtete HiFiMAN zwei kleine Fabriken in China und verlegte 2011 seinen Hauptsitz nach Tianjin. Frühe HiFiMAN-Kopfhörer, wie der HE-5, hatten Ohrmuscheln aus Holz, die zwei Vorteile hatten: Sie sahen exquisit aus und halfen dem jungen Unternehmen, die Werkzeugkosten niedrig zu halten. Obwohl die Verwendung von Holz dem Unternehmen bei der Etablierung seines Rufs als Hersteller hochwertiger Kopfhörer gute Dienste leistete, neigte das Material mit zunehmendem Alter und Grad der Trocknung zur Rissbildung. Einige der frühen HiFiMAN-Kunden beschwerten sich über ihre rissigen Holz-Ohrmuscheln. Die überarbeitete LE-Version des HE-5 war deshalb schon mit den neuen Ohrmuscheln aus Kunststoff ausgestattet und wies bereits einige typische Merkmale der späteren Planar-Magnet-Kopfhörer des Unternehmens auf.

Mit einer Empfindlichkeit von 93 Dezibel und einer niedrigen Impedanz von 35 Ohm benötigte der HE-400i Kopfhörer nur eine moderate Verstärkung. In der Praxis bedeutete dies, dass auch dann noch ein gewisser Hörgenuss möglich war, wenn der Kopfhörer mit einem Smartphone oder Computer verbunden war. Dies stand in Gegensatz zu den früheren Magneplanar-Designs des Unternehmens, die sehr viel saubere Leistung für ihren Betrieb benötigten und auch dadurch eine gewisse Ähnlichkeit mit elektrostatischen Treibern aufwiesen. Und sa erschwingliche Kopfhörerverstärker mit viel Leistung damals noch rar waren, begann HiFiMAN schon bald damit, eigene Kopfhörerverstärker zu bauen, wie die Modelle EF-5 und HE-6, um damit ihre Flotte zu betreiben.

Ich begann meine Erkundung des HE-400i mit unserem günstigen Douk Audio T-3 Kopfhörer-Amp, den wir erst kürzlich mit neuen General Electric JAN 5654W Röhren und einem ultra-linearen Netzteil aufgerüstet hatten. Die für den Hörtest verwendeten Verbindungskabel bestanden aus massivem Silber mit Abschirmung aus Kupfergeflecht. Sie waren unempfindlich gegenüber Fehlern beim Anschließen und der Auswahl des Songmaterials. Ich begann mit dem Album "Local Valley" von José González, das eine Mischung aus männlichem Gesang, schönen Gitarrenklängen und einigen minimalen und delikaten Klangeffekten wie Vogelgezwitscher und gelegentlicher Synthesizer-Unterstützung bot. Das Album lebte von klanglicher Ausgewogenheit sowie subtilen Bassläufen in Gesang und Gitarren. Dabei stellte “Local Valley" das Nahe und Unmittelbare gekonnt dem Weiten und Fernen gegenüber und erzielte so eine akustisch angenehme und höchst unterhaltsame Wirkung. Bisweilen jedoch war die Aufnahme bemitleidenswert übersteuert.

Der HiFiMAN-Kopfhörer kam in einer edel aussehenden schwarzen, mit Kunstleder überzogenen Schachtel zu uns. In dieser Schachtel waren die HE-400i so fest gepresst und das Kabel so straff aufgerollt, dass ich mich fragte, ob die Schachtelkonstruktion dem Schutz des Inhalts diente oder eher das Kabel und die Ohrpolster auf Dauer beschädigte. Außerdem fiel mir auf, dass der Vorbesitzer den zusätzlichen 6,35-mm-Adapter verloren oder verlegt hatte, denn dieser lag der Box nicht bei. Da der 3,5-mm-Stecker abgewinkelt war, schien die Suche nach einem entsprechenden Ersatz eine Herausforderung zu werden. Ich setzte den Kopfhörer auf, lehnte mich zum Hören zurück und bemerkte sofort, dass das Originalkabel für meine Sitzposition zu kurz war. Ich konnte mir vorstellen, dass das steife und stoffummantelte Kopfhörerkabel mit einer Länge von nur 1,5 m für eine ganze Reihe von Anwendungen zu kurz sein würde. Natürlich konnte man im Internet auch Ersatzkabel finden. Allerdings würde die Anschaffung neuer Kabel von ähnlicher Qualität den Preis dieses ansonsten erschwinglichen Kopfhörers unnötig in die Höhe treiben.

Ich hielt es für das Beste, den HiFiMAN HE-400i mit unserem ähnlich teuren Kopfhörer AKG K712 Pro zu vergleichen. Meinen Recherchen zufolge wurde der HE-400i in Deutschland zunächst für ca. 400,00 EUR verkauft und fiel dann im Preis auf 200,00 EUR, bevor er 2018/2019 ausverkauft war. Unser AKG K712 Pro kam in Deutschland zunächst für ca. 300,00 EUR auf den Markt und fiel dann nach dem Weihnachtsgeschäft 2021 auf knapp 200,00 EUR. Da sie preislich ähnlich und technisch völlig unterschiedlich waren, schienen sie mir würdige Gegner zu sein. Um mich nicht von meinen bisherigen Hörgewohnheiten beeinflussen zu lassen, hörte ich mir das komplette Album von José González zuerst auf dem HE-400i an. So konnten sich die Planar-Kopfhörer von Fang Bian und ich uns erst einmal aneinander gewöhnen, auch da ich nicht sicher sein konnte, wie lange sie schon im Regal gestanden hatten, bevor ich bei ihrem Besitzer vorbeikam, um sie von ihrem Schicksal auf der Reservebank zu befreien.

Eines der ersten Dinge, die mir auffielen, war, dass der HE-400i Planar-Magnet-Kopfhörer ein kompaktes und fokussiertes Bild erzeugte. Die Musik wirkte nah und intim, allerdings hatte ich weniger den Eindruck, dass ein Liebhaber mir zärtliche Worte ins Ohr flüstert, sondern eher den Eindruck, dass die Musik etwas direkt war. Die einzige Ausnahme bildeten die Vögel auf dem Album von José González, die durch die aufgenommenen Effekte zart und distanziert wirkten. Es gab eine gewisse Robustheit in der Präsentation, die mich überraschte und an die ich mich erst einmal gewöhnen musste. Und obwohl die Ohrmuscheln mit einem dichten Metallgitter abgedichtet waren, welches die darunter liegenden Planar-Magnet-Treiber optisch verdeckte, boten diese Kopfhörer nur wenig Schutz vor Umgebungsgeräuschen. Das machte sie ideal für kritisches Hören in geräuscharmen Umgebungen zu Hause oder im Studio. Die Tatsache, dass auch die Musik in erheblichem Maße nach außen abgestrahlt wurde, wie es bei den meisten halboffenen Modellen der Fall war, könnte den Einsatz beim Abhören von Live-Aufnahmen durch das Entstehen von Feedback-Schleifen erschweren.

Der HE-400i hatte viel Drive und einen tonal präzisen Mitteltonbereich, wobei sowohl männliche als auch weibliche Stimmen natürlich und vollmundig klangen. Allerdings war die räumliche Trennung zwischen der Stimme des Sängers und den Instrumenten im Raum nur begrenzt wahrnehmbar. Überraschenderweise ähnelte der HE-400i in dieser Hinsicht eher unserem Sennheiser HD 580, einem Kopfhörer mit dynamischem Magnetsystem. Was die räumliche und klangliche Trennung anging, waren die konventionell betriebenen AKG K712 Pro weit überlegen. Vielleicht hätte ich von planar-magnetischen Kopfhörern etwas mehr Nuance und Agilität erwartet, allein schon wegen der massearmen Folienkonstruktion des Treibers. Während das Mittelband solide und verführerisch blieb, zeigte sich die fehlende Agilität auch in den Höhen, die früher als beim AKG abfielen. Der HE-400i begann bei 35.000 Hz abzufallen, also fast 5.000 Hz früher als das AKG. Und obwohl eine Höhenerweiterung oberhalb von 22.000 Hz zumindest von denjenigen Höreren, die auf die Grenzen des menschlichen Gehörs hinweisen, als "nice-to-have" angesehen wird, beeinträchtigte dieser große Unterschied in der Höhenleistung die Fähigkeit des Treibers, den Eindruck von Raum und Dimension in der Musik vollständig zu erzeugen. Positiv zu vermerken war, dass weder der AKG noch der HIFIMAN unter einer unangenehmen Akzentuierung von einzelnen Frequenzen litten.

Der HE-400i klang weniger kantig, wenn er mit Zischlauten im Musikmaterial konfrontiert wurde, was zum Teil daran lag, dass er im Hochtonbereich weniger ausdrucksstark war. Er war gut geeignet, um Probleme im mittleren Frequenzbereich hervorzuheben, wo er eine ziemlich genaue Abbildung schaffte. Die Basswiedergabe war sanft und natürlich, mit einem leichten Buckel im unteren mittleren Bassbereich, der durch Resonanzen der Ohrmuscheln mit dem Planar-Treiber verursacht worden sein könnte. Dies trug zu einem wärmeren und volleren Klang bei und war nicht unbedingt ein negativer Aspekt für den Musikgenuss, da es auch als eher liebenswert empfunden werden konnte. Der Bassabfall lag bei 20 Hz, d. h. 10 Hz höher als beim AKG K712 Pro. Das war zwar kein großer Unterschied, aber AKG gab in seinem Verkaufsmaterial an, dass der K712 Pro mit einer um +3 dB erhöhten Basswiedergabe entwickelt wurde. Diese Anhebung diente gut dazu, die weiträumigen Höhen des AKG auszugleichen, ohne vom Hörer als Basseffekt wahrnehmbar zu sein. Der HE-400i schien auch in dieser Disziplin kompakter zu sein. Insgesamt empfand ich den HE-400i als präzisen und geschmeidig klingenden Kopfhörer, dem es aber bisweilen an klanglicher und räumlicher Raffinesse fehlte, vor allem im direkten Vergleich mit unserem sehr ansprechenden AKG K712 Pro Kopfhörer.

Ursprünglich hatte ich meine Erkundungstour mit dem Ziel begonnen, die Vorzüge Planar-Magnetischer Konstruktionen gegenüber Kopfhörern mit herkömmlichen Treibern kennenzulernen. Der HE-400i zeigte mir jedoch, dass mit beiden Konzepten eine anständige Klangleistung erzielt werden konnte. HiFiMAN war noch ein relativ neuer Mitbewerber auf dem Markt, dessen größter Beitrag zur HiFi-Branche darin bestand, planare Magnetsysteme für den Durchschnittsverbraucher zugänglich zu machen. Das bedeutete jedoch nicht, dass herkömmliche Lautsprecherkonzepte befürchten mussten, überholt zu sein. AKG, Beyerdynamic und andere erfahrene Kopfhörerhersteller waren durchaus in der Lage, klanglich mitzuhalten und hatten in einigen Disziplinen sogar die Oberhand. Um mit Planar-Magnetischen Kopfhörern an die akustische Leistung der elektrostatischen Konzepte von AKG und Stax heranzukommen, bedurfte es weitaus besserer Treiber und Verstärker, als wir mit dem HE-400i Kopfhörer und unserem bescheidenen Douk Audio Kopfhörerverstärker zur Verfügung hatten.

Technische Daten

  • Treiber-Typ: planar-magnetisch, single-ended
  • Bauform: über dem Ohr, halboffen
  • Frequenzbereich: 20 - 35.000 Hz
  • Nominale Impedanz: 35 Ohm
  • Wirkungsgrad: 93 dB (1mWatt, 1.000 Hz)
  • Belastbarkeit: 200 mWatt, max.
  • Kabel: stoffummantelt, Y-förmig
  • Anschluss: abnehmbar (Miniklinke)
  • Kabellänge(n): 1,5 m
  • Stecker: 3,5 mm + 6,35 mm Klinke
  • Ort der Herstellung: China
  • Gewicht: 370g (ohne Kabel)
  • Jahr(e): 2013 - 2018
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