Audiocrast OCC und Silver

15.2.2021

Autor: Karsten Hein

Kategorie: Gear & Review

Tag(s): Cables

Zu den Kommentaren
Frei aus dem Englischen übersetzt. Hier geht’s zum Original .

Ist es generell eine gute Idee, Audiokabel für unsere HiFi-Anlage bei Billiganbietern in China zu kaufen? Die Antwort lautet: Nein. Ist es eine gute Idee, dieses spezielle Audiokabel aus China zu kaufen? Die Antwort lautet: Auf jeden Fall! Denn es gibt Ausnahmen von jeder Regel, wie wir sehen werden. Das Problem ist, dass wir nie sicher sein können, ob der Artikel, den wir betrachten, die seltene und aufregende Ausnahme ist oder nur eine weitere Wiederholung der langweiligen alten Regel.

Schon im ersten Absatz dieses Artikels lässt sich die traurige Kehrseite der chinesischen Billigimporte spüren: Der allgegenwärtige Mangel an Glaubwürdigkeit, Gewissheit und Verantwortung gegenüber dem Kunden. Wie Marktbeobachtern bekannt sein dürfte, wurde das hier gezeigte Kabel auf eBay angeboten. Diese spezielle Variante stammte von einem chinesischen Verkäufer namens “audiophileseller". Aber handelte es sich dabei überhaupt um einen richtiges Geschäft oder nur um eine behelfsmäßige eBay-Adresse, die eilig eingerichtet wurde, um Produkte zu verkloppen, die vom Lastwagen gefallen waren? Und auf wen - oder was - bezog sich der Begriff "audiophil" im Namen des Verkäufers? Auf das Geschäft? Auf die verkauften Produkte? Oder beschrieb er lediglich den Ehrgeiz des Verkäufers, wie der Name vermuten ließ? Dies waren wichtige und durchaus berechtigte Fragen, wenn man das Risiko eines Einkaufs bei einem noch unbekannten Verkäufer im fernen China abschätzen wollte. Die wenigen Bewertungen von internationalen Käufern halfen da selten, sich ein klares Bild zu machen.

Erschwerend kam noch hinzu, dass sehr ähnlich aussehende Kabel fast immer auch bei anderen Internetanbietern zu finden waren, oft sogar zu noch günstigeren Preisen. Und so gerieten wir stetig tiefer in den Kaninchenbau: Handelt es sich dabei um die gleichen Produkte? Waren sie besser oder schlechter? Und schließlich: Waren diese Produkte tatsächlich aus den Materialien hergestellt, für die sie angegeben wurden? Mit anderen Worten: Wie viele Käufer ließen sich die Produkte liefern, nahmen sie auseinander, führen einen Materialtest durch und berichteten öffentlich darüber, eine Enttäuschung erlebt zu haben, wenn ihr Anreiz nichts weiter war als der kleinliche Impuls, ein paar Euro zu sparen? Tests dieser Art waren naturgemäß selten. Und wenn es sie gab, blieb immer noch die Sorge um die gleichbleibende Qualität bei der Herstellung. Konnten wir uns darauf verlassen, dass die handwerkliche Verarbeitung immer auf dem gleichen hohen Niveau blieb? Oder unterschieden sich Produkte, die aus ähnlichen Komponenten hergestellt wurden, vielleicht aufgrund von Veränderungen in der Fertigungsqualität?

In unserem westlichen Geschäftsgebaren half uns das ‘Branding’ dabei, einem Produkt eine vollendete Form und einen unverwechselbaren Charakter zu geben und - zusammen mit einer Kontaktadresse für den Fall von Problemen - ein Gefühl der Legitimität zu vermitteln. Die chinesische markenlose Kultur hingegen sah keine andere Verpflichtung, als den attraktivsten Klunker zum erschwinglichsten Preis direkt am Verkaufsort zu präsentieren. Ähnlich wie ein Strandverkäufer, der über den Handtuchrand gefälschte Markenuhren vertickte. Schließlich war die "30-Tage-Test-und-Rückgabe-Politik" kaum mehr als ein Witz. Wenn man bedachte, dass viele Kabel eine Einlaufzeit von mehr als 30 Tagen hatten, konnte man innerhalb dieses Zeitraums nur mit Sicherheit sagen, ob das Produkt eingetroffen war. Und manchmal hatte ich sogar festgestellt, dass die Verkäufer ihr Geschäft in der Zwischenzeit wieder geschlossen hatten und deshalb keine Rücksendungen annehmen konnten oder wollten. Genau aus diesen Gründen habe ich im Laufe der Jahre viel Geld für Kabel ausgegeben, die den Begriff "audiophil" nicht erfüllten.

Letztendlich führten uns diese Erkenntnisse zurück zu unserer Eingangs gestellten Frage. War es unter den gegebenen Umständen eine gute Idee, sensible Audiokabel direkt aus China zu beziehen? Nun, ich war überraschend erleichtert, dass das hier vorgestellte Cinch/RCA-Verbindungskabel eine willkommene Ausnahme von der Norm darstellen sollte. Die Stecker stammten tatsächlich von der chinesischen HiFi-Marke Audiocrast, und nach allem, was ich bei meinen Hörtests hören konnte, war ich auch bereit zu glauben, dass sie aus massivem Kupfer bestanden und mit 24-karätigem Gold überzogen waren, genau wie beschrieben. In der Tat waren die Stecker so schwer und glitten so gut auf die Buchsen, dass sie ein kleines Highlight für sich darstellten. Die Kabel waren laut Beschreibung aus OCC-Kupfer mit einer 8N-Silberbeschichtung. Auch das konnte ich glauben.

Es hatte schließlich etwas Befriedigendes, scheinbar zufällig über ein tolles Kabel zu stolpern. In der Regel war es nicht eine bestimmte Sache, die ein Kabel gut machte, sondern die Summe seiner Eigenschaften, die zu einem musikalischen Resultat führte. Man könnte meinen, dass dies eine einfache Schlussfolgerung war, denn alle Kabel, die Audiokomponenten verbinden, konnten nicht anders, als die Musik wiederzugeben, die durch sie geleitet wurde. Doch leider stimmte das nur zum Teil, denn in den meisten Fällen ging ein erheblicher Teil des Inhalts der Originalmusik verloren, was Geschwindigkeit, Dimension, Dynamik und Tonalität betraf. Dieser kumulierte Verlust war der Grund dafür, dass Menschen, die Ihre Anlage aus dem Nachbarzimmer spielen hörten, nicht gleich dachten, dass jemand die Musiker selbst eingeladen hätte, an dem Tag zu spielen. Je besser unser System aber wurde, desto schwieriger wurde auch diese Unterscheidung.

Das Audiocrast OCC- und Silberkabel, das von einem chinesischen eBay-Verkäufer verkauft wird, mit seinen goldenen Cinch/RCA-Steckern, der geflochtenen Konstruktion mit Teflon-Dielektrikum, den versilberten OCC-Kupferdrähten und seinem markenlosen Hersteller in wer-weiß-wo, vollbrachte den Zauberakt, der es mit bekannten Herstellern wie Kimber, Fadel Art usw. aufnehmen konnte. Vielleicht war es nur ein Glückstreffer, aber die Kombination der Materialien funktionierte hervorragend, wobei der OCC-Kupferkern für ausreichende klangliche Harmonie sorgte und die Silberbeschichtung die Geschwindigkeit beibehielt. Wenn Ihr System Musik in sich trug, würde dieses Kabel Ihnen helfen, diese an die Oberfläche zu bringen. Es machte mir nicht viel aus, dass von den drei Kabeln, die ich über einen Zeitraum von 4 Monaten bestellte, nicht auch nur zwei wirklich gleich aussahen: zwei Kabel hatten Richtungsanzeigen, die beim dritten fehlten. Und eines der beiden Kabel die mit Richtungs-Indikatoren ausgeliefert wurden hob sich von dem anderen ab, indem es die rote und schwarze Farbbeschichtung der Stecker vertauscht hatte.

Technische Daten

  • Kabellänge: 100 cm
  • Material: OCC-Kupfer, silberbeschichtet
  • Stecker: Audiocrast, vergoldet
  • Elektrische Eigenschaften: N.N.
  • Handhabung: weich, dünn, prellend (schwer zu platzieren)
  • Abschluss: vergoldet, Teflon-Isolator
  • Getestete Position: CD-Spieler zu Vorverstärker

Anmerkung: Ich habe den eBay-Shop "audiophileseller" nach den technischen Daten des Kabels gefragt (mit oder ohne Stecker). Die Antwort war, dass sie nur wussten, dass es aus OCC-Kupfer und Silber bestand und mit vergoldeten Audiocrast-Steckern ausgestattet war. Nun, ich hatte auch nichts anderes erwartet.

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