Veröffentlicht: 11.5.2020
Autor: Karsten Hein
Kategorie: High Fidelity
Man kann wohl mit Recht behaupten, dass die menschliche Faszination für Lautsprecher von Begin an gegeben war. Dabei geht es nicht so sehr um die Technik, die dahinter steckt, sondern einfach um die Tatsache, dass Lautsprecher Klänge von bekannten Dingen wiedergeben können, ohne selbst dieses Ding zu sein. So kann ein Lautsprecher zum Beispiel das Geräusch von zerbrechendem Glas wiedergeben, ohne selbst aus Glas zu bestehen oder zu zerspringen. Er kann das Klirren von hartem Metall wiedergeben, ohne selbst aus Metall zu bestehen oder gegen etwas zu schlagen. Und vor allem kann er den Klang von Stimmen und Instrumenten nachahmen, eine Disziplin, in der das menschliche Ohr besonders empfindlich und von daher auch kritisch ist. Ja, selbst bei Menschen mit einer beginnenden Hörbehinderung gehören die Frequenzen der Stimme in der Regel zu dem letzten Bereich, der verloren geht.
Die meisten Lautsprecherarten sind zwar bestrebt, Musik natürlich und akkurat wiederzugeben; sie sind aber in erster Linie Unterhaltungsgeräte, und als solche müssen sie auf dem Unterhaltungsmarkt bestehen können. In dem Maße, wie sich unser Verständnis dieses Marktes und unser Verhalten als Verbraucher ändern, verändern wir damit auch die Designentscheidungen der Hersteller. Lautsprecher sehen heute ganz anders aus als in den siebziger Jahren. Während moderne Modelle eher hoch, schlank und kühl aussehen, waren ihre älteren Vettern oft breiter und gedrungener mit warm wirkenden Holzoberflächen. Dies sind jedoch nur die sichtbaren Merkmale, und es wäre dagegen wohl auch nichts einzuwenden, wenn es nicht noch einen anderen Trend gäbe, nämlich den der berüchtigten Zielgruppenanalyse.
Sind wir mal ehrlich: Ausgereifte Lautsprecher und die dazu benötigte Elektronik sind keineswegs preiswert. Hersteller haben es von daher mit einer reiferen Käufergruppe zu tun, die über den Platz, die Zeit und das nötige Einkommen verfügt, um sich gehobene Lautsprecher leisten zu können. Während das Einkommen überwiegend mit dem Alter zunimmt, ist dies bei unserem Gehör leider oft nicht der Fall. Man könnte durchaus argumentieren, dass die beiden Kurven diametral entgegengesetzt verlaufen. Ein Hörverlust beeinträchtigt sowohl unsere Fähigkeit, hohe Töne wahrzunehmen, als auch unsere Empfindlichkeit gegenüber niedrigen Lautstärken. Folglich darf bei A/B-Vergleichen meistens der Lautsprecher mit den lautesten hohen Tönen den Heimweg antreten. Leider wird dieser Lautsprechertyp dann ein Leben lang ein Ungleichgewicht in Bezug auf die natürliche tonale Wiedergabe aufweisen, eine offensichtliche Schwäche, mit der sich alle zukünftigen Besitzer abfinden müssen.
Beim Verkauf können und werden viele Dinge schief gehen. Der Lautsprecher, der im Geschäft noch großartig klang, klingt vielleicht nicht mehr so gut, wenn wir ihn in unseren eigenen Wohnräumen aufstellen und an unser System anschließen. Der Raum, die Möbel darin und die elektrische Synergie mit unseren vorhandenen Komponenten beeinflussen den Klangeindruck. Wenn möglich, sollten Lautsprecher daher zu Hause getestet und verglichen werden. Einige Händler unterstützen uns dabei und ermöglichen uns solche Tests, aber das hat natürlich seine Grenzen, und wir könnten uns dadurch unter Druck gesetzt fühlen, schneller eine Wahl zu treffen. Die andere Möglichkeit ist der Kauf von gebrauchten Lautsprechern. Vorausgesetzt, die Lautsprecher sind nicht schon beim Kauf defekt, klingen sie entweder großartig oder können erneut verkauft werden, in der Regel zu einem ähnlichen und manchmal sogar höheren Preis.